Nach Erdogan-Besuch: Rufe nach Kurswechsel bei Ditib
Archivmeldung vom 01.10.2018
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Freigeschaltet durch André OttKoalition und Opposition verlangen vom türkisch-sunnitischen Islamverband Ditib einen raschen Kurswechsel. Zwar dürften "die rechtlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung von Ditib durch den Verfassungsschutz noch nicht erfüllt sein", sagte Mathias Middelberg, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der "Welt".
Aber Ditib müsse "seine Arbeit jetzt zügig umstellen. Wer nicht als Religionsorganisation handelt, sondern als politischer Arm eines autokratischen Staatspräsidenten und unter wessen Dach Oppositionelle und Kritiker Erdogans bespitzelt werden, kann künftig kaum unser Kooperationspartner sein", so der CDU-Abgeordnete. Middelbergs SPD-Amtskollege Burkhard Lischka sagte, Ditib sei "ein treuer Außenposten Erdogans in Deutschland". Es lägen "gewichtige Hinweise dafür vor, dass Ditib willfährig Bespitzelungen von türkischen Oppositionellen in unserem Land vornimmt". Damit "verschärft der Verband in seiner heutigen Ausprägung Spannungen in unserer türkischstämmigen Bevölkerung und erweist allen Integrationsbemühungen einen Bärendienst." Der SPD-Abgeordnete forderte "eine sorgfältige Prüfung durch den Verfassungsschutz, ob eine Beobachtung erforderlich, möglicherweise sogar unumgänglich ist". Vorletzte Woche war bekannt geworden, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eine Beobachtung der Ditib-Zentrale in Köln prüft.
Nach der Eröffnung der Zentralmoschee des Verbandes am Samstag in Köln-Ehrenfeld durch den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Diskussion an Fahrt aufgenommen. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) warnte in der "Welt am Sonntag" vor einer voreiligen Beobachtung des Verbandes, der der türkischen Religionsbehörde in Ankara unterstellt ist. Bei Ditib sei "noch nicht ausgemacht, ob überhaupt und in welcher Form eine Beobachtung stattfinden wird", so Reul. Der frühere langjährige Grünen-Politiker Volker Beck sagte hingegen, angesichts der Hinweise auf eine Bespitzelung von Türken und türkischstämmigen Deutschen in Ditib-Moscheen "müsste die Frage doch eigentlich heißen: Warum ist die Ditib nicht schon längst auf dem Radar der deutschen Spionageabwehr?" Schließlich sei die Spionageabwehr Teil des BfV. Ditib habe sich "in den letzten Jahren nicht in Richtung einer muslimischen Religionsgemeinschaft in Deutschland, sondern eher zu einem identitären Diasporaverein entwickelt", sagte Beck.
Diese "ungute Entwicklung polarisiert die türkischstämmige Gemeinde". Darum müsse "die Politik hier endlich klare Kante zeigen", so Beck, der Lehrbeauftragter am Centrum für religionswissenschaftliche Studien der Ruhruniversität Bochum ist. "Die Anerkennung der Ditib Hessen durch die dortige Landesregierung muss endlich zurückgenommen werden." Der innenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Gottfried Curio, warf Ditib "die Verfestigung islamischer Parallelgesellschaften in Deutschland" vor. Die AfD warne "seit geraumer Zeit vor dieser Organi sation und fordert deren Überwachung", sagte Curio. Laut Sevim Dagdelen, Vizefraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, hat sich Ditib "zu einem islamistischen Propagandainstrument Erdogans in Deutschland entwickelt". Bund und Länder müssten daher "endlich Unterstützung und Kooperation einstellen". Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz sei "überfällig".
Quelle: dts Nachrichtenagentur