Geheimdienste warnen vor Fehleinschätzung der russischen Ukraine-Politik
Archivmeldung vom 08.12.2014
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.12.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Manuel SchmidtGeheimdienstler aus Nato-Staaten warnen vor einer Fehleinschätzung der russischen Ukraine-Politik. Präsident Wladimir Putin werde eine Niederlage der Separatisten im Kampf gegen die ukrainische Armee zwar nicht hinnehmen, wolle aber nicht eskalieren, berichtet der "Spiegel".
Der Kreml zielt nach dieser Einschätzung vielmehr auf eine Umwandlung der beiden Separatisten-Gebiete um Donezk und Luhansk in funktionierende Verwaltungseinheiten. Im Falle einer Einigung mit Kiew sollten die beiden Gebiete in einer dann föderalisierten Ukraine den Einfluss Moskaus sicherstellen, heißt es in dem Bericht weiter.
Merkel: "Russland bereitet unseren Nachbarn Schwierigkeiten."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die Annexion der Krim nur als einen Fall einer anti-europäischen Politik Wladimir Putins. In einem Interview mit der "Welt am Sonntag" sagte Merkel: "Mit Moldau, Georgien und der Ukraine haben drei Länder aus unserer östlichen Nachbarschaft aus eigener souveräner Entscheidung ein Assoziierungsabkommen mit der EU unterschrieben. Diesen drei Ländern bereitet Russland Schwierigkeiten."
Bei der Destabilisierung, so Merkel, schrecke Moskau auch nicht davor zurück, die territoriale Integrität der Länder zu verletzen, Merkel wörtlich: "So leidet die Republik Moldau seit Jahren unter dem Konflikt um Transnistrien. Wir haben große politische Anstrengung unternommen, hier zu helfen, bislang leider vergeblich. Georgien leidet ebenfalls seit Jahren unter dem eingefrorenen Konflikt in Südossetien und Abchasien. Die Ukraine muss die Annexion der Krim und die Kämpfe im Osten ihres Landes erleben. Wir sehen außerdem, dass Russland wirtschaftliche und politische Abhängigkeiten in einigen Ländern des Westbalkans zu schaffen versucht."
Merkel bekräftigte ihre Absicht, den sich ebenfalls von Russland bedroht fühlenden Ländern Estland, Lettland und Litauen notfalls auch militärisch beizustehen: "Die Frage eines Kriegs im Baltikum stellt sich nicht. Dessen ungeachtet gilt Artikel 5 des Nato-Vertrags, also die Beistandsverpflichtung, für alle Bündnispartner", sagte Merkel und fügte hinzu: "Deshalb tragen wir zum Beispiel zur Sicherung des baltischen Luftraums bei, stellen neue schnelle Reaktionskräfte auf und arbeiten von einer gemeinsamen Führungseinrichtung in Stettin aus mit Polen und Dänen militärisch im Bündnis zusammen."
Merkel verteidigte sich in dem Interview mit der "Welt am Sonntag" gegen Kritik ihrer drei Amtsvorgängern Helmut Schmidt (SPD), Helmut Kohl (CDU) und Gerhard Schröder (SPD), die sich für eine konziliantere Haltung gegenüber Russland ausgesprochen hatten. Merkel sagte: "Ich bin überzeugt, dass die gemeinsame europäische Antwort auf Russlands Handlungen richtig ist. Dass Russland die von ihm im Budapester Memorandum von 1994 vertraglich zugesicherte territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine verletzt hat, darf nicht folgenlos bleiben."
CDU und Grüne wollen Dieselmotoren in die Ukraine liefern
Außenpolitiker von CDU und Grünen haben die Bundesregierung aufgefordert, den von der Ukraine beantragten Kauf von Dieselmotoren aus Deutschland umgehend zu genehmigen. "Die Bundesregierung sollte möglichst schnell über den Wunsch der Ukraine nach Dieselmotoren entscheiden", sagte Roderich Kieswetter, Obmann für Außenpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der "Welt am Sonntag". Das Ansinnen Kiews sei "verständlich, wir sollten daher diese Lieferung ermöglichen".
Der CDU-Mann warnte: "Wenn wir die Motoren und Getriebe nicht liefern, so käme das einer indirekten Unterstützung der Aufständischen und Separatisten in der Ukraine gleich." Ähnlich äußerte sich Omid Nouripour, außenpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion.
"Die Ukraine ist auf die Dieselmotoren dringend angewiesen. Deutschland sollte diese Lieferung endlich genehmigen", sagte Nouripour der "Welt am Sonntag". Es sei "einheitliche Politik der EU, der Ukraine zu helfen. Das Zögern der Bundesregierung ist nicht verständlich, und hilft indirekt allen, die die Staatlichkeit in der Ukraine Schwächen wollen", sagte Nouripour.
SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich lehnt das Geschäft mit den Dieselmotoren ab. "Der Konflikt in der Ostukraine kann nicht militärisch, sondern letztlich nur politisch gelöst werden", sagte Mützenich der "Welt am Sonntag": "Deswegen steht für uns eine militärische Unterstützung in diesem Konflikt auch nicht zur Debatte."
Quelle: dts Nachrichtenagentur