Kein "endgültiger Abzug" aus dem Gaza-Streifen
Archivmeldung vom 12.09.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer israelische Historiker Prof. Moshe Zimmermann forderte im "ZDF- Mittagsmagazin" am Montag, 12. September 2005, den Sprachgebrauch "endgültiger Abzug" aus dem Gaza-Streifen zu relativieren.
"Es ist aber der erste Schritt auf dem Wege des Rückzugs nach Israel
aus den besetzten Gebieten", betonte Zimmermann. Wie schnell dieser
voranschreite, bleibe offen. "Beim letzten Mal, als Israel sich
zurück gezogen hat, schrieb man das Jahr 82. Wenn man mit einem
solchen Tempo rechnet, wird der nächste Schritt erst 2026/27
erfolgen. Man darf aber hoffen, dass unter dem Druck der Amerikaner
und der israelischen Opposition und der Bevölkerung der nächste
Schritt schon sehr bald kommen wird. Vorausgesetzt, dass auch die
Palästinenser mitmachen und Israel nicht weiter terrorisieren",
so der Historiker.
Die Radikalisierung nach dem Abzug und die brennenden Synagogen
bewertete Zimmermann kritisch: "Man assoziiert das automatisch mit
den brennenden Synagogen im Jahr 38. Doch muss man hier
unterscheiden: Das sind Synagogen, die eigentlich nur eine Hülle
sind, ein Gebäude." Sie hätten keine sakrale Bedeutung mehr. "Die
israelische Regierung hätte vielleicht besser diese Gebäude selbst
zerstören sollen", meinte er. So wie diese Synagogen aber im Gaza-
Streifen zurück gelassen worden seien, seien sie das aller erste
Ziel des palästinensischen Mobs gewesen. "Das ist kein gutes Zeichen
dafür, dass in der Zukunft sich etwas Positives entwickelt", warnte
Zimmermann.
Zum scheinbaren Widerspruch zwischen dem Abzug im Gaza-Streifen
einerseits und der Errichtung von neuen Siedlungen im Westjordanland
andererseits sagte Zimmermann, es sei auch nicht um die Idee eines
fairen Tauschs gegangen. "Israel wird sich womöglich aus der
Westbank zurückziehen, aber nicht aus dem gesamten Gebiet der
Westbank. Und je länger sich die Sache hinauszieht, desto mehr kann
sich Israel in der Westbank entfalten. So war es in der
Vergangenheit, so kann es auch in der Zukunft sein." Es sei ein
Druckmittel gegen die Palästinenser gewesen. Am Ende sei deutlich:
"Es wird keine Rückkehr zu der Grenze von 1967 geben. Israel hat
"faits accomplis" geschaffen. Und nicht alles, was Israel dort gebaut
hat, wird aufgeräumt wie im Gaza-Streifen", so Zimmermann.
Quelle: Pressemitteilung ZDF