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Ökonomen attackieren Lagarde wegen Forderung nach höherer Schuldengrenze

Archivmeldung vom 10.11.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.11.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Christine Lagarde
Christine Lagarde

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Führende Ökonomen in Deutschland haben die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, scharf für ihre Forderung nach einer höheren Grenze für die zulässige Gesamtverschuldung von EU-Staaten kritisiert. "Frau Lagarde redet einer weiteren Lockerung der Schuldengrenzen das Wort, weil sie mehr Verschuldung will. Eine Verschuldung löst jedoch nicht die Wettbewerbsprobleme Südeuropas, sondern ermöglicht die Vertagung der dafür erforderlichen schmerzlichen Reformen", sagte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe). Die IWF-Chefin könne sich aber "nicht selektiv bestimmte Regeln des Maastrichter Vertrages herauspicken".

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sprach von einer völlig verfehlten und kontraproduktiven Empfehlung. Europa befinde sich nach wie vor in einer Vertrauenskrise, in der Unternehmen und Märkte große Zweifel an der Nachhaltigkeit der Verschuldung ihrer Staaten hätten. "Es wäre Gift, in einem solchen Umfeld das wackelige Vertrauen durch eine Aufweichung der gemeinsamen Regeln weiter zu schädigen", sagte Fratzscher. Genau das Gegenteil dessen, was Lagarde empfehle, sei heute notwendig: Regierungen müssten durch Strukturreformen und einen glaubwürdigen Pfad ihrer Fiskalpolitik das Vertrauen der Unternehmen und Märkte zurückgewinnen, betonte Fratzscher. Es sei daher der "völlig falsche Zeitpunkt", jetzt eine Debatte um die gemeinsamen europäischen Regeln anzustoßen. Scharfe Kritik kam auch vom Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther. "Die Äußerungen von Frau Lagarde sind brandgefährlich, weil sie jegliche Regelbindung der Finanzpolitik in der Euro-Zone aushebeln", sagte Hüther dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe). Wenn die Grenzwerte für die zulässige Staatsverschulung in Relation zum Bruttoinlandsprodukt beliebig der Realität angepasst werden sollten, dann verlören sie ihren Wert und man könne ganz darauf verzichten. "Auch wenn die Festlegung im Maastrichter Vertrag sich an der damaligen Situation orientierte, so öffnet das nicht einer Beliebigkeit Tür und Tor", warnte Hüther. "Denn etablierte Regelwerte prägen die Erwartungsbildung und orientieren die Glaubwürdigkeit." Gerade nach der Staatsschuldenkrise erweise sich der Bedarf an einer "glaubwürdigen Selbstbindung" in besonderer Weise. "Frau Lagarde mag Frankreich und Italien im Auge haben, doch ist gerade auch den Ländern nicht geholfen, wenn die Euro-Zone als Ganzes keine glaubwürdigen Regeln mehr hat." Die IWF-Chefin hatte auf einer Konferenz in Paris gefordert, das geltende Limit von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Richtung des effektiven Standes anzuheben - derzeit wären das in der Euro-Zone 94 Prozent. "Man sollte in Rechnung stellen, wie die tatsächlichen Schuldenstände sich entwickelt haben", sagte Lagarde.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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