BASF-Chefkontrolleur warnt vor Auseinanderbrechen der EU
Archivmeldung vom 25.01.2016
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtEiner der einflussreichsten Manager Deutschlands, der Aufsichtsratsvorsitzende des Chemiekonzerns BASF, Jürgen Hambrecht, warnt vor einem Auseinanderbrechen der Europäischen Union angesichts der Flüchtlingskrise. "In der Wirtschaft macht sich über diese Entwicklung tiefe Sorge breit", schrieb Hambrecht in einem Gastbeitrag für das aktuelle "Manager Magazin".
Man wisse nur allzu gut, dass nationale Kleinstaaterei zu wirtschaftlicher Instabilität und politischem Bedeutungsverlust führten, so der Wirtschaftsführer weiter. "Beides ist Gift für die Arbeitsplätze und die Wettbewerbsfähigkeit."
Den Verdruss auf Brüssel, der sich am Erstarken rechtsnationaler Parteien wie der deutschen AfD, dem französischen Front National oder der PiS in Polen zeige, führt Hambrecht auf "wiederholtes Versagen" zurück. Zu lange habe die EU das Flüchtlingsproblem ihren Mitgliedsländern im Süden überlassen. Auch in der Schuldenkrise mache die Gemeinschaft keine gute Figur.
Hambrecht kritisierte speziell die deutsche Politik. "Unsere Alleingänge beim Atomausstieg und in der Flüchtlingsfrage waren es, die in Europa den Eindruck hinterlassen haben, Deutschland setze sich im Zweifel darüber hinweg, was seine Nachbarn denken."
Hambrecht fordert statt einer Renationalisierung nun neue Kompetenzen für die EU. Notwendig sei etwa eine europäische Einwanderungsbehörde nach dem Vorbild der USA. Erforderlich sei auch eine gemeinsame europäische Wirtschafts- und Industriepolitik mit einheitlichen Rahmenbedingungen. Außerdem mache die Freizügigkeit innerhalb des Schengen-Raums "eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zwingend notwendig".
Derzeit hänge die Außensicherung der Grenzen vom Vermögen oder Unvermögen einzelner Mitglieder ab. Das dürfe nicht sein.
Deutsche Vorstandschefs sehen Flüchtlingswelle zunehmend skeptisch
Führende Konzernchefs sehen den Flüchtlingsstrom nach Deutschland zunehmend skeptisch. "Wenn dieses Jahr wieder eine Million und mehr Menschen kommen sollten, wird das die politische und soziale Stabilität in Deutschland gefährden", sagte Tom Enders, Chef des Flugzeugbauers Airbus, in einem Gespräch mit der "Welt am Sonntag", an dem auch die Vorstandsvorsitzenden Joe Kaeser (Siemens) und Jürgen Fitschen (Deutsche Bank) teilnahmen.
Man müsse aufpassen, dass die Veränderungen die Menschen nicht überforderten, warnte Enders. "Ich glaube, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt, hier eine Lösung zu finden." Eine Lösung sieht Siemens-Chef Kaeser in einer klaren Botschaft aus Berlin: "Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz, das sehr deutlich die Richtung vorgibt."
Menschen aus Krisengebieten, die um ihr Leben fürchten, müsse Deutschland helfen und aufnehmen. "Wirtschafts- und Wohlstandsmigranten können dagegen erst kommen, wenn wir sie benachrichtigen, dass wir sie jetzt brauchen. Das muss man deutlich machen", sagte Kaeser.
Dass Europa das Problem löst, halten die Manager für unwahrscheinlich: "Ich glaube nicht an eine europäische Lösung. Jedenfalls nicht in dem Sinne, dass man Flüchtlinge über nationale Kontingente verteilen wird. Das wird nicht funktionieren", sagte Airbus-Chef Enders.
Wenn es überhaupt eine Einigung geben solle, müsse Deutschland bereit sein, überproportional dazu beizutragen, forderte Deutsche-Bank-Co-Chef Fitschen: "Für uns in Deutschland ist es vielleicht möglich, zehn Milliarden Euro für die Flüchtlingshilfe bereitzustellen, ohne anderswo spürbare Abstriche machen zu müssen. In anderen Ländern sieht es anders aus. Deshalb sollten wir auch nicht darauf pochen, dass jedes Land ähnlich viel beitragen muss."
Quelle: dts Nachrichtenagentur