Sicherheitssektorreform im Südsudan – Erst einmal gescheitert
Archivmeldung vom 21.12.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDie seit dem vergangenen Sonntag anhaltenden Gefechte zwischen rivalisierenden Einheiten der SPLA (Sudan People’s Liberation Army, Sudanesische Volksbefreiungsarmee) im Südsudan haben wahrscheinlich bereits mehrere hundert Tote gefordert. Auch wenn sich die Situation in der Hauptstadt Juba gestern etwas beruhigt hatte, halten die Kämpfe in anderen Landesteilen weiter an.
„Die südsudanesische Regierung spricht von einem Putschversuch, aber es gibt auch Hinweise darauf, dass der Auslöser der Kämpfe ein Streit zwischen Soldaten aus unterschiedlichen ethnischen Gruppen am Wochenende war“, erläutert Wolf-Christian Paes, Südsudanexperte am BICC (Internationales Konversionszentrum Bonn).
Unumstritten ist dabei, dass der Konflikt starke ethnische Züge angenommen hat. Präsident Salva Kiir, ein Angehöriger der dominierenden Volksgruppe der Dinka, entmachtete bereits im Sommer seinen Stellvertreter Riek Machar, einen Nuer, der während des Bürgerkriegs in den neunziger Jahren eine Splittergruppe der SPLA angeführt hatte. Augenzeugen berichten, dass in Juba Soldaten Jagd auf Nuer und Sympathisanten Machars machen. Auch in anderen Landesteilen entladen sich ethnische Spannungen in Gewalt. „Nun rächt sich, dass es in den acht Jahren seit dem Abschluss des Comprehensive Peace Agreements (CPA) 2005 nicht gelungen ist, das Militär im Südsudan zu reformieren“, kommentiert Paes. Das CPA hatte zwar die Demobilisierung der unterschiedlichen Milizen und den Aufbau einer neuen integrierten Armee vorgesehen. „Statt der angestrebten 90.000 Soldaten sind zwischen 2009 und 2011 gerade einmal 12.000 überwiegend ältere Kämpfer von der UN Friedenstruppe demobilisiert worden“, erklärt der BICC-Experte.
So besteht die SPLA auch Ende 2013 noch aus Einheiten, die häufig einer bestimmten Volksgruppe zuzuordnen und vor allem ihren Kommandanten gegenüber loyal sind. Obwohl der Südsudan pro Kopf der Bevölkerung eines der höchsten Verteidigungsbudgets Afrikas hat, ist das Land immer noch weit von einer modernen, multiethnischen und dem Schutz der Bevölkerung verpflichteten Armee entfernt. „Der Sicherheitsapparat ist vor allem ein Patronagesystem, das zur Machterhaltung und Bereicherung von politischen Eliten dient“, erklärt der Experte des BICC, der selbst zwischen 2009 und 2011 im Südsudan gearbeitet hat. „Aber auch die internationale Gemeinschaft hat in der Vergangenheit zu wenig Interesse an diesem Thema gezeigt“, kritisiert er.
Dass die Ergebnisse des Demobilisierungsprozesses im Südsudan hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, hängt mit der riesigen Last unbewältigter Probleme nach einem jahrzehntelangen Bürgerkrieg zusammen, die bis heute auf Politik, Wirtschaft und nicht zuletzt auch das Zusammenleben der Ethnien ausstrahlen. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit Langzeitprojekten zur Demobilisierung, Entwaffnung und Reintegration von Soldaten betont Prof. Conrad Schetter, Wissenschaftlicher Direktor des BICC: „Die aktuellen Ereignisse im Südsudan belegen auf erschreckende Weise, wie schwierig es ist, die Logik des Krieges aus den Köpfen seiner Akteure herauszubekommen.“ Die internationale Gemeinschaft dürfe deshalb mit ihren Bemühungen um eine Reform des Sicherheitssektors im Südsudan nicht nachlassen.
Das BICC unterstützt seit 2009 im Auftrag des Auswärtigen Amts den Sicherheitssektorreformprozess im Südsudan und arbeitet vor allem mit der nationalen Demobilisierungskommission zusammen. „Erste Priorität muss es nun sein, die Kämpfe schnell zu beenden und einen Versöhnungsprozess zwischen den unterschiedlichen Volksgruppen und politischen Lagern zu beginnen“, fordert Wolf-Christian Paes.
Quelle: Bonn International Center for Conversion (BICC) (idw)