Irak - Regierung nimmt Medien an die Leine
Archivmeldung vom 10.11.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWährend in den US-Medien alles über das tragische Blutbad auf dem Armeestützpunkt Ford Hood spricht, hat die irakische Regierung die aktuelle Ablenkung vor allem dazu genutzt, um ihre Zensurbemühungen voranzutreiben.
So hat der Kommunikationsminister des Irak, Faruq Abd Al-Qadir, kürzlich eine neue Lizenzsteuer in der Höhe von 5.000 Dollar eingeführt, die künftig von allen Medienunternehmen zu entrichten ist. Die Mitarbeiter der insgesamt 58 im Land tätigen Branchenvertreter müssen zudem ab sofort um eine Arbeitserlaubnis beim Ministerium ansuchen, wenn sie auch weiterhin ihrem Job nachgehen wollen.
250 Todesopfer in zwei Monaten
Hintergrund für den aktuellen Zensurvorstoß im Irak ist laut Bericht des britischen Guardian vor allem die Sicherheitsproblematik des Landes, die sich durch eine Reihe von verheerenden Selbstmordattentaten mit geschätzten 250 Todesopfern im Laufe der letzten zwei Monate zunehmend zugespitzt hat. Die strengere Medienkontrolle soll dabei verhindern, dass durch negative Berichterstattung in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass es der Regierung nicht gelingt, innerhalb der eigenen Landesgrenzen für die nötige Sicherheit der Menschen zu sorgen.
Polizeistaat oder faire Berichterstattung
Obwohl Kritiker bereits von der Errichtung eines neuen Polizeistaats im Irak sprechen, will die dortige Regierung von Zensur oder Gleichschaltung der Medien nichts wissen. Einem Sprecher zufolge würden die aktuell umgesetzten Maßnahmen lediglich einen Versuch darstellen, die "innere Sicherheit" zu verbessern. "Wenn sich ein Medienunternehmen ungerecht behandelt fühlt, kann es jederzeit bei den zuständigen Behörden Beschwerde einreichen", lässt der Regierungssprecher wissen. Mit den neuen Regelungen werde ein völlig neues regulatorisches Umfeld für Medien geschaffen, das eine faire Berichterstattung fördere.
Prügel für kritische Journalisten
Die gegenwärtige Medienrealität im Irak sieht aber anders aus. So schildert der Guardian-Bericht das Schicksal dreier irakischer Journalisten, die innerhalb der vergangenen Woche im Auftrag der Regierung von Soldaten zusammengeschlagen worden sein sollen. Alle drei Betroffenen wurden offenbar nur deshalb Opfer der Staatsgewalt, weil sie versuchten, vor Ort von kleineren Attentatsversuchen und Bombenexplosionen zu berichten. Ähnlich wie im Iran wird nun auch im Irak befürchtet, dass das harte Durchgreifen der Regierung gegen kritische Medienvertreter eine regelrechte Auswanderungswelle bei Journalisten auslösen könnte.
Quelle: pressetext.deutschland (Markus Steiner)