Polenz: Türkei soll Polizeigewalt bestrafen
Archivmeldung vom 13.06.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), hat die türkische Regierung aufgerufen, Verantwortliche für unverhältnismäßige Polizeigewalt gegen Demonstranten zu bestrafen. "Die Türkei ist aufgefordert, die Grundrechte der Meinungsfreiheit und der Demonstrationsfreiheit zu respektieren. Angesichts der überharten Polizeieingriffe in den zurückliegenden Tagen muss man sagen: Das hat die Türkei nicht getan", sagte Polenz "Handelsblatt-Online".
Polenz weiter: "Ich fordere dazu auf, diese Vorfälle zu untersuchen und die dafür Verantwortlichen auch zur Rechenschaft zu ziehen." Dessen ungeachtet plädierte Polenz für eine Wiederbelebung der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei. "Ich denke, wir müssen den Prozess des EU-Beitritts neu beleben", sagte er und regte an, das Kapitel 23 über Justiz und Grundrechte zu eröffnen, "um gerade jetzt mit der Türkei über die notwendigen strukturellen Veränderungen zu sprechen, die in den Fortschrittsberichten der Europäischen Union immer wieder angemahnt worden sind". Die Verhandlungen über diese Kapitel würden jedoch derzeit durch Zypern blockiert. "Es liegt also an der Europäischen Union selbst, diese Blockade aufzuheben", sagte Polenz.
Özdemir sieht Erdogan auf dem Weg in die Autokratie
Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sieht den türkischen Premier Recep Tayyip Erdogan auf dem Weg in die Autokratie. Im Deutschlandfunk erklärte Özdemir, dass Erdogan ein Ministerpräsident sei, der sich zunehmend von der Wirklichkeit seines Landes entferne. Er würde sich eher Staatsmodelle wie in Dubai oder Singapur zum Vorbild nehmen.
Der Grünen-Politiker kritisiert auch die Zweischneidigkeit der türkischen Politik. "Herr Erdogan überzieht gnadenlos, indem er das ganze Land mit Bauprojekten vollpackt, gleichzeitig aber eben auch religiös motivierte Äußerungen macht, indem er den Leuten sagt, wie viele Kinder sie haben sollen."
Brok warnt vor EU-Beitrittsverhandlungen mit Türkei
Wegen der Gewalt in der Türkei hat der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), Europas Regierungschefs aufgefordert, Ende Juni kein weiteres Verhandlungskapitel in den Beitrittsgesprächen mit Ankara zu öffnen. Brok sagte der "Welt": "Ich frage die Regierungschefs der Europäischen Union, ob dies der richtige Augenblick ist, wie geplant Ende Juni die Eröffnung eines weiteren Kapitels in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu beschließen."
Die EU stehe für demokratische Werte. Brok sagte weiter: "Es wäre ein schlimmes Signal, wenn ausgerechnet jetzt die EU ungerührt so weitermacht wie bisher. Eine solche Entscheidung könnte Erdogan bei seiner repressiven Politik ermutigen".
Angesichts der Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und den Oppositionsparteien sagte Brok: " Ich fürchte, dass die repressiven Methoden Erdogans zu einer weiteren Eskalation führen werden und es immer schwieriger wird, zu friedlichen Verhältnissen zurückzukehren."
Die EU verhandelt seit 2005 mit der Türkei über einen Beitritt. Bisher wurden nur 13 von insgesamt 35 Verhandlungskapiteln geöffnet. Die EU-Regierungschef wollen bei ihrem Treffen am 26. Juni in Brüssel beschließen, erstmals seit drei Jahren ein neues Verhandlungskapitel zu öffnen.
Scharfe Kritik der Union an Vorgehen von Erdogan
Nach dem brutalen Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte gegen Demonstranten auf dem Istanbuler Taksim-Platz hat die Union den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan scharf kritisiert. "Erdogan muss sich entscheiden, ob er Demokrat oder Sultan sein will", sagte Unions-Außenexperte Philipp Mißfelder der "Rheinischen Post". Deutschland erwarte, dass der türkische Ministerpräsident auf die Demonstranten zugehe statt den Druck auf sie zu erhöhen. "Unser Interesse gilt einer starken und demokratischen Türkei", betonte das CDU-Präsidiumsmitglied.
Türkei: Regierungspartei AKP erwägt Referendum über Gezi-Park
Nach erneuten Demonstrationen gegen die Bebauung des Gezi-Parks in Istanbul hat die Regierungspartei AKP ein Referendum der Istanbuler Bevölkerung über den zentral gelegenen Park ins Gespräch gebracht. Den Vorschlag für ein Referendum habe der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bei einem Treffen mit Künstlern, Publizisten und Wissenschaftlern gemacht, sagte Hüseyin Celik, stellvertretender AKP-Chef, am Mittwochabend.
Gleichzeitig forderte er die Demonstranten dazu auf, den Gezi-Park umgehend zu verlassen, andernfalls seien die Sicherheitskräfte gezwungen, erneut gegen sie vorzugehen. In der Nacht auf Mittwoch hatten sich Polizei und Demonstranten die bislang schwersten Auseinandersetzungen seit Beginn der Proteste geliefert: Die Sicherheitskräfte gingen über 18 Stunden lang mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Tausende Menschen vor, die in Istanbul demonstrierten. Aus Reihen der Demonstranten wurden Brandsätze, Steine und Feuerwerkskörper geworfen. Bei den Zusammenstößen wurden Dutzende Menschen verletzt. Das Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte hatte internationale Kritik hervorgerufen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur