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Nach Sieg über IS: Die drohende Katastrophe verhindern Prominente gegen türkischen Einmarsch in Syrien

Archivmeldung vom 12.03.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.03.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Karte von Syrien Bild: wikipedia.org
Karte von Syrien Bild: wikipedia.org

Nach dem zu erwartenden militärischen Sieg gegen den IS in Syrien droht ein Einmarsch der türkischen Armee in die mehrheitlich kurdisch besiedelten Gebiete Syriens (Rojava). Mit einem Protestaufruf warnen europäische Intellektuelle vor einer neuerlichen Katastrophe in Syrien, darunter Elfriede Jelinek, Vivienne Westwood, Axel Honneth, Leyla Imret, Gesine Schwan, Milo Rau, Nancy Fraser, Sandro Mezzadra und Étienne Balibar.

Denn mit dem proklamierten Ende des Krieges gegen den IS ist der Abzug der US-amerikanischen Truppen angekündigt. Damit wächst die Gefahr, dass die Türkei in Rojava einmarschiert um die kurdische Autonomie mit Gewalt zu beenden. Wie die Frankfurter Hilfsorganisation medico international mitteilt, die vor Ort humanitäre Projekte fördert, würden damit die, die militärische Last im Kampf gegen den IS hauptsächlich getragen haben, fallen lassen.

Gemeinsam mit Intellektuellen wendet sich deshalb medico international in einem Appell gegen einen drohenden Einmarsch. In dem Aufruf heißt es u.a.: "Wir melden uns deshalb heute zu Wort, um Europa aufzufordern, der angekündigten humanitären und politischen Katastrophe in den Weg zu treten. Kommt es zur Eroberung Rojavas, werden die türkische Armee und verbündete dschihadistische Milizen wiederholen, was sie im Januar 2018 mit der völkerrechtswidrigen Besetzung der kurdischen Region Afrin begonnen haben. Dort nutzen sie die Flucht von weit über 100.000 Menschen für ein systematisches Umsiedlungsprogramm. Dasselbe geschah 2016 bereits in kurdischen Städten im Südosten der Türkei, die von türkischen Kampffliegern zuvor massiv bombardiert wurden."

Um sich mit Erdogan zu arrangieren, verhandele die USA über die Einrichtung einer sogenannten Schutzzone. "Doch bildet die in Frage stehende Region das Zentrum des mehrheitlich kurdischen Siedlungsgebiets einschließlich der Städte Kobanê und Qamischli. Sie türkischen Truppen zu öffnen, heißt, die Menschen Nordsyriens jeden Schutzes zu berauben. Auch die Ankündigung des US-Präsidenten Trumps 200 Soldaten vor Ort stationiert zu lassen, verschiebt die Bedrohung höchstens", erläutert Anita Starosta von medico international.

Die prominenten Unterzeichner des Aufrufes fordern: "Deshalb müssen die verbliebenen diplomatischen Möglichkeiten genutzt werden, um die vor aller Weltöffentlichkeit angekündigte Katastrophe abzuwenden. Nach Lage der Dinge hängt dabei viel an der Europäischen Union, die mit Frankreich, Großbritannien, Belgien und Deutschland im UN-Sicherheitsrat vertreten ist. Wir appellieren an die europäischen Regierungen, dazu alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen. Das muss die entschlossene Bemühung um eine gesamtsyrische Friedenslösung einschließen, zu der auch gehört, die zweite angekündigte Katastrophe zu verhindern, einen Vernichtungsfeldzug Assads und seiner Verbündeten gegen die Provinz Idlib."

Den ganzen Aufruf finden Sie unter: https://www.medico.de/kampagnen/die-katastrophe-verhindern/

Im Osten Syriens fällt in diesen Tagen die letzte Enklave des IS-Kalifats. Rund um die Stadt Barghouz, an der Grenze zum Irak, verschanzen sich noch wenige hundert IS-Kämpfer und deren Angehörige. In den letzten Wochen flüchteten zehntausende Zivilisten und Familienangehörige der IS-Kämpfer aus dem Gebiet vor den Kämpfen in das Flüchtlingscamp al-Hol. "Im Camp versorgt der medico-Partner vom Kurdischen Roten Halbmond seit Beginn die Geflüchteten medizinisch, die oft in einem sehr schlechten Zustand im Camp ankommen. Die Helfer vor Ort sind mehr als überlastet. Niemand hat mit diesem Andrang gerechnet", berichtet Anita Starosta.

Quelle: medico international (ots)

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