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Kambodscha: ROG kritisiert vor der Parlamentswahl umfassende Medienkontrolle

Archivmeldung vom 25.07.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.07.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Reporter ohne Grenzen e.V.
Reporter ohne Grenzen e.V.

In einem Klima fast vollständiger Medienkontrolle und verbreiteter Selbstzensur wird in Kamboscha am kommenden Sonntag (28. Juni) ein neues Parlament gewählt. Fast alle traditionellen Medien werden von der Kambodschanischen Volkspartei des seit 28 Jahren regierenden Ministerpräsidenten Hun Sen kontrolliert. Restriktive Gesetze und Erlasse, Übergriffe und Einschüchterungsversuche tun ein Übriges, um eine freie Berichterstattung zu unterbinden.

"Pressefreiheit gibt es Kambodscha nur auf dem Papier", kritisierte der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen (ROG), Christian Mihr. "Die Regierung muss endlich das Strafrecht und das Pressegesetz reformieren, auf Einschüchterungen gegen kritische Journalisten verzichten und Übergriffe glaubwürdig untersuchen lassen."

Alle elf Sender in Kambodscha gehören entweder ganz oder teilweise der Regierung. Ihre Nachrichten werden vor der Ausstrahlung kontrolliert und sind deshalb praktisch identisch. Nur drei der 160 offiziell registrierten Radiosender können als unabhängig betrachtet werden; sie sind häufigen Behinderungen, Schikanen und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt. Printmedien unterliegen geringeren Einschränkungen, haben aber eine sehr geringe Reichweite: Aufgrund des verbreiteten Analphabetismus und geringer Einkommen lesen nur zwei Prozent der Kambodschaner Zeitungen. Der Großteil von ihnen lebt in den Städten.

Auf rechtlicher Ebene schränkt besonders das von Menschenrechtsorganisationen heftig kritisierte Strafgesetzbuch von 2010 die Berichterstattung stark ein. Faktisch verbietet es unter anderem Kritik an Gerichtsentscheidungen und enthält vage Regelungen über Verleumdung und Anstachelung zu Verbrechen, die in der Praxis von einer willfährigen Justiz eingesetzt werden, um kritische Berichte über die Regierungspolitik zu unterbinden. Die Folge ist verbreitete Selbstzensur, um Sanktionen zu entgehen. Ähnlich problematisch ist das Pressegesetz von 1995. Es verbietet etwa die Verbreitung von Informationen, die "die nationale Sicherheit und politische Stabilität beeinträchtigen können".

Besonders gefährdet sind in Kambodscha Journalisten, die über sensible Themen wie Umweltzerstörung, Landrechte oder Arbeitsbedingungen berichten. Im September 2012 wurde der Umweltjournalist Hang Serei Oudom tot im Kofferraum seines Autos gefunden. Er hatte über illegale Rodungen berichtet. Die Untersuchung des Mordes wurde trotz starker Indizien gegen einen örtlichen Beamten der Militärpolizei zweimal eingestellt. Auch weiter zurückliegende Todesfälle von Journalisten wurden niemals aufgeklärt. Im Dezember wurde Trang Try von der Zeitung Neues Jahrzehnt verhaftet, der bei der Polizei illegale Rodungen angezeigt hatte. Vichey Anon vom Radiosender Radio Free Asia (RFA) wurde bewusstlos auf einer Straße gefunden, nachdem er über die Festnahme des Kollegen berichtet hatte.

Der Besitzer des unabhängigen Senders Radio Beehive, Mam Sonando, wurde im September wegen vermeintlicher Unterstützung einer Sezessionsbewegung zu 20 Jahren Haft verurteilt. Kurz vor seiner Festnahme hatte er über eine Menschenrechtsklage gegen Ministerpräsident Hun Sen vor dem Internationalen Strafgerichtshof berichtet. Im Berufungsverfahren wurde Sonandos Strafe zwar auf fünf Jahre auf Bewährung reduziert, doch er lebt weiterhin in ständiger Gefahr, erneut inhaftiert zu werden. (http://bit.ly/XaFPvJ)

Ende Juni verbot die Regierung lokalen Radiosendern bis zur Wahl die Ausstrahlung von Khmer-sprachigen Programmen ausländischer Sender wie RFA und Voice of America (VOA) - angeblich, um eine neutrale Berichterstattung zu gewährleisten. Erst nach internationalen Protesten nahm sie das Verbot zurück. (http://bit.ly/11RDBXY) Schon im Oktober hatte die Regierung Vertreter von RFA und VOA einbestellt und zu mehr "Professionalität" gemahnt. (http://bit.ly/T07Yq5)

Auch der aktuelle Wahlkampf ist von Einschränkungen geprägt: Verboten sind unter anderem Berichte über Aktivitäten von Ausländern in Kambodscha zugunsten von Parteien oder Politikern. (http://bit.ly/14PSN63) Die Rückkehr von Oppositionsführer Sam Rainsy aus dem Exil in der vergangenen Woche wurde in den Medien des Landes fast vollständig totgeschwiegen. Mehrere Fernsehsender begründeten dies damit, im Wahlkampfmonat keine einzelne politische Partei begünstigen zu wollen. (http://bit.ly/130M1In)

Neue Möglichkeiten der Meinungsäußerung und Debatte eröffnet das Internet, dessen Nutzung vor allem unter jungen Kambodschanern rasant steigt. (http://bit.ly/138hvw0) Inzwischen sind einige unabhängige Nachrichtenportale entstanden, die häufig auch auf Facebook, Twitter oder Youtube aktiv sind. Seit 2011 hat das Innenministerium allerdings begonnen, bestimmte Webseiten wie die Blog-Plattform blogspot.com zu sperren. Vergangenen Dezember verbot das Telekommunikationsministerium Internetcafés in der Nähe von Schulen. (http://bit.ly/TeDIXa) Im Februar wurde in Phnom Penh ein Lehrer von den Behörden einbestellt, der auf Facebook die Polizei kritisiert hatte.

Auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Kambodscha auf Platz 143 von 179 Ländern. Laufende Meldungen zur Situation von Journalisten und Medien im Land finden Sie unter http://en.rsf.org/cambodia.html, einen umfassenden aktuellen Überblick unter http://bit.ly/12NBKQN.

Quelle: Reporter ohne Grenzen e.V. (ots)

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