Ex-Generalinspekteur gegen Abzug der US-Atomwaffen
Archivmeldung vom 04.11.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr und frühere Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, Harald Kujat, ist gegen den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland. "Mit der glaubwürdigen Drohung eines nuklearen Ersteinsatzes und der nuklearen Teilhabe soll letztlich auch ein konventioneller Krieg verhindert werden", sagte er der "Welt".
Kujat weiter: "Natürlich muss es unser Interesse sein, die prinzipielle Option des Ersteinsatzes zu erhalten." Die wenigen Nuklearwaffen, die noch auf dem Territorium von europäischen NATO-Staaten - darunter Deutschland - lagerten, seien ein "Faustpfand" mit Abschreckungswirkung: "Zieht man die ab, entsteht eine Abschreckungslücke. Die Reaktion der NATO wird kalkulierbar, und das Risiko für einen potenziellen Aggressor sinkt."
Die nukleare Teilhabe habe nicht nur eine strategische Bedeutung für die Implementierung der NATO-Abschreckungsstrategie, sie sei auch von erheblicher politischer Bedeutung.
"Denn die nukleare Teilhabe sichert uns bei allen Aspekten der nuklearen Abschreckung ein gewisses Mitspracherecht. Und das ist für einen Staat wie Deutschland, der ganz bewusst auf den Besitz und die Verfügungsgewalt über Nuklearwaffen verzichtet hat, in der Tat von existenzieller Bedeutung. Sie gewährleistet, dass wir nicht gegen unseren Willen Schauplatz eines Nuklearkrieges werden", sagte Kujat.
Er warf den Politikern von SPD und Grünen, die einen Abzug fordern, fehlendes Fachwissen vor: "Immer mehr Politiker äußern sich zu sicherheitspolitischen und strategischen Fragen, ohne über Grundkenntnisse zu verfügen." Die SPD-Führung habe bereits in der Debatte über die Beschaffung von bewaffneten Drohnen "wenig Sachkenntnis gezeigt". Wer die Wahrscheinlichkeit reduzieren wolle, im Ernstfall mit Nuklearwaffen drohen zu müssen, müsse die Bundeswehr konventionell stärken, sagte Kujat: "Das kostet viel Geld. Aber damit verlagern wir diese schwere Bürde, als erste über den Einsatz von Nuklearwaffen entscheiden zu müssen, auf den potenziellen Angreifer."
Quelle: dts Nachrichtenagentur