EU-Ratspräsident: Russland-Politik ist "Testfall" für die EU
Archivmeldung vom 02.11.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDer amtierende EU-Ratspräsident und finnische Regierungschef Matti Vanhanen hat die EU zu mehr Geschlossenheit im Verhältnis mit Russland aufgefordert und vor Alleingängen einzelner Staaten gewarnt. Die EU müsse sich nun auf ein gemeinsames Mandat für die Verhandlungen mit Russland verständigen, sagte er dem "Tagesspiegel" (Freitags-Ausgabe).
"Das wird der nächste Testfall für
die Union. Ich erwarte, dass wir dabei Geschossenheit zeigen." Diese
habe es bisher nicht gegeben, kritisierte er. "Wir sollten vorsichtig
sein und darauf achten, keine Unterschiede zu machen zwischen
bilateralen Beziehungen und der EU-Politik", betonte der finnische
Ministerpräsident.
Die EU muss das im kommenden Jahr auslaufende Partnerschafts- und
Kooperationsabkommen mit Russland neu verhandeln. Vanhanen machte
zugleich klar, dass auch umstrittene Themen nicht ausgeklammert
werden sollen: "Das Thema Menschenrechte muss ebenfalls Teil unseres
Abkommens mit Russland werden. Für uns ist das ein Paket." In das
Abkommen sollen nach den Worten des EU-Ratspräsidenten auch die
Prinzipien der Energiecharta integriert werden, die Russland in der
jetzigen Form nicht ratifizieren will. Angesichts der Probleme, die
manche westliche Firmen in Russland hätten, sei es wichtig, diese
Prinzipien "in ein rechtlich verbindliches Abkommen" zu integrieren.
Zu der Debatte um die Verlässlichkeit Moskaus als Energielieferant
sagte Vanhanen, Finnland habe die Erfahrung gemacht, "dass Russland
ein Partner ist, dem man vertrauen kann". Die Sorgen hätten aber
einen berechtigen Hintergrund, betonte der finnische Regierungschef:
"Kann Russland uns genug Energie liefern?" Zugleich warf er die Frage
auf, ob die Russen ein Interesse daran hätten, so schnell zu
produzieren, wie es Europas Erfordernissen entspricht. Deswegen muss
Europa nach den Worten Vanhanens selbst aktiv werden und in
Energieeffizienz und die Produktion von Energie investieren.
In der Diskussion über die Erweiterung der EU wandte sich der
finnische Ratspräsident dagegen, europäischen Ländern grundsätzlich
eine Beitrittsperspektive zu verwehren. "Wir dürfen für das künftige
Europa keine Grenzen ziehen", betonte Vanhanen. "Wenn wir das täten,
was würde dann mit den Ländern jenseits dieser Grenzen passieren?"
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel