ICT legt erstmals Namensliste mit mehr als 600 inhaftierten und "verschwundenen" Tibetern vor
Archivmeldung vom 09.03.2009
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.03.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin Jahr nach Beginn der Proteste in Tibet legt die International Campaign for Tibet (ICT) erstmalig eine Namensliste von über 600 inhaftierten oder "verschwundenen" Tibeterinnen und Tibetern vor. Anlass ist der 50. Jahrestag des tibetischen Volksaufstandes am 10. März.
Außerdem zeichnet sie auf einer neuen Internetseite ( www.missingvoices.net, online am 10. März 2009 ) in Kurzporträts die Geschichte dieser Menschen nach. Prominente Paten werden in den nächsten Wochen den inhaftierten Tibetern ein Gesicht und eine Stimme geben.
Besucher der Website haben außerdem die Möglichkeit, sich in ein in der Verganganheit berüchtigtes chinesisches Gefangenenlager, Drapchi, zu googlen. "Damit wollen wir unseren Nutzern bewusst machen, welches Schicksal jeden Tibeter im schlimmsten Fall erwartet, wenn er sich gegen die chinesische Fremdherrschaft auflehnt." So sollen laut offiziellen chinesischen Berichten seit den März-Protesten des letzten Jahres noch über 1.200 Tibeterinnen und Tibeterinnen in Haft sein. "Die systematischen Repressionen der chinesischen Behörden haben zu einer besorgniserregenden Menschenrechtskrise in Tibet geführt", stellt ICT-Geschäftsführer Kai Müller fest. Dies zeige auch der aktuelle Bericht der International Campaign for Tibet über die Lage in Tibet seit dem März 2008. Der Bericht enthält außerdem auszugsweise erstmals übersetzte verbotene Schriften aus Tibet.
Vor dem 10. März diesen Jahres habe sich die Situation in Tibet nochmals zugespitzt. Trotz des harten Vorgehens der Behörden halten die Proteste in Tibet weiter an. So haben mehrere Hunderte Mönche in Osttibet am 1. März 2009 öffentlich gegen das Verbot einer Gebetszeremonie protestiert und die Freilassung von politischen Gefangenen gefordert. In einem weiteren Vorfall hatte sich ein Mönch des Klosters Kirti am 27. Februar 2009 selbst angezündet und war daraufhin von Sicherheitskräften angeschossen worden. In einem anderen Vorfall haben rund 100 Mönche zum Beginn des tibetischen Neujahrsfestes am 25. Februar mit einer Kerzen-Mahnwache vor Regierungsgebäuden in der chinesischen Provinz Qinghai der Opfer der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste in Tibet gedacht.
Zwei Namen der Gefangenenliste:
1) Paljor Norbu
Der 81-jährige Drucker Paljor Norbu ist am 31. Oktober 2008 von Sicherheitskräften in Lhasa festgenommen worden, vermutlich weil er "verbotene Publikationen" hergestellt hat. Sein Aufenthaltsort ist unbekannt.
2) Jigme Guri
Am 4. November 2008 ist der Mönch Jigme Guri aus dem Kloster Labrang zum wiederholten Maße von den Behörden festgenommen worden, nachdem er während einer 42-tätigen Haftzeit von März bis April 2008 von Sicherheitskräften bewusstlos geschlagen worden war. Seine erneute Festnahme erfolgte, als er eine detaillierte Aussage über seine Haftzeit auf das Internetportal "Youtube" stellte. Sein gegenwärtiger Aufenthaltsort ist nicht bekannt.
Der Bericht "A Great Mountain Burned by Fire - China's Crackdown in Tibet" und die Gefangenenliste können auf www.savetibet.de eingesehen werden.
Quelle: International Campaign for Tibet Deutschland e.V.