Poroschenko will angeblich unerwünschte Personen aus der Ukraine ausweisen
Archivmeldung vom 09.08.2018
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNeulich erschien in den Sozialnetzwerken die Information, dass die ukrainischen Rechtsschutzorgane eine Liste von Personen vorbereiten, die der Auslieferung an Polen und an die Türkei unterliegen. Die Auslieferung droht den türkischen Bürgern, die als Funktionäre der in der Türkei verbotenen Terrororganisation FETÖ gelten, und ihre Sympathisanten unter den Krimtataren sowie die ukrainischen Bürger, die das polnische Gesetz über das Institut des Nationalen Gedenkens verletzt haben.
Weiter hieß es, dass laut dem Befehl, dessen Fotos auf Facebook veröffentlicht wurden, trägt die Spezialeinheit der ukrainischen Polizei KORD die Verantwortung für die Auftragsdurchführung. Diese Einheit verfügt über einen besonderen Status im System der Rechtsschutzorgane und arbeitet mit dem ukrainischen Geheimdienst SBU eng zusammen. Der Autor des Informationslecks behauptet selbst, ehemaliger Mitarbeiter dieser Einheit zu sein, dem für die Nichtausführung des "verräterischen" Befehls gekündigt worden sei, und verbirgt seine Identität, da er Repressalien seitens der ukrainischen Behörden fürchte.
Das Handeln von Kiew wirft in der Tat viele Fragen auf. Seine Bewegungsgründe bleiben auch ziemlich umstritten. So ist die in der Türkei als eine Terrororganisation anerkannte FETÖ in der Ukraine offiziell nicht verboten und kontrolliert sogar eine Reihe von Bildungseinrichtungen. Das bedeutet, dass die Mitglieder dieser Organisation gemäß den ukrainischen Gesetzen keine Verbrecher sind und der Auslieferung nicht unterliegen. Zudem läuft Poroschenko Gefahr, auf die Missbilligung seiner Schutzherren in Washington zu stoßen, indem er Erdogan im Kampf gegen Gülenisten Hilfe leistet. Noch absurder scheint die Entscheidung über die Auslieferung der ukrainischen Bürger an Polen, weil als Auslieferungsgrund dafür nichts anderes als das Gesetz über das Institut des Nationalen Gedenkens gilt, also das sogenannte "Anti-Bandera-Gesetz". Vor kurzem löste die Verabschiedung dieses Gesetzes und vor allem sein Teil, der die Ukraine betrifft, eine scharfe Kritik in Polen und unverhohlene Ablehnung von Kiew aus und gefährdet sogar bilaterale Beziehungen. Nun hat die ukrainische Regierung - wenn auch inoffiziell - eine diametral entgegengesetzte Position eingenommen und will die Leute, die noch gestern als Patrioten und Kämpfer für die ukrainische Unabhängigkeit galten, als Verbrecher ausweisen. Im Text des Befehls steht es schwarz auf weiß, dass die Auslieferung der angeführten Gruppen von Personen sowohl zwischen der Ukraine und Polen als auch zwischen der Ukraine und der Türkei vereinbart ist.
Was ist denn das also? Eine feine Diplomatie oder ein Versuch, unter einem passenden Vorwand im Vorfeld der Wahlen unter den problematischen Schichten der Bevölkerung aufzuräumen? Es ist bekannt, dass die am meist oppositionellen Stimmungen gegenüber Poroschenko und seiner Regierung herrschen gerade unter den Krimtataren und den Vertretern der rechten Parteien und vor allem radikalen nationalistischen Organisationen wie z.B. "Rechter Sektor". Offensichtlich versucht Petro Poroschenko auf solche Weise, von den unerwünschten Personen unter den potenziell gefährlichen Gruppen der Bevölkerung sowie innerhalb der Rechtsschutzorgane loszuwerden und bereitet den Boden für die kommende Wahl. Anders ist solch ein plötzlicher Wandel in der ukrainischen Außenpolitik nicht zu erklären.