Einschränkung der Geheimdienstarbeit: Unionspolitiker enttäuscht von Obama-Rede
Archivmeldung vom 18.01.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFührende Sicherheits- und Außenexperten der Union haben sich enttäuscht von der Rede des US-Präsidenten Barack Obama zur Einschränkung der Geheimdienstarbeit gezeigt. "Das wird nicht zur Beruhigung der Bürger in Deutschland beitragen", sagte Innenausschussvorsitzender Wolfgang Bosbach (CDU) der "Rheinischen Post". Er glaube nicht, dass es zu grundsätzlichen und weitreichenden Korrekturen bei der Informationsbeschaffung der US-Dienste kommen wird. "Ich fürchte, dass die Amerikaner weiterhin und anlasslos Daten auch bei Verbündeten sammeln werden", sagte Bosbach.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), zeigte sich ebenfalls enttäuscht von der Rede des US-Präsidenten. "Obama sieht keinen grundsätzlichen Korrekturbedarf", sagte Röttgen dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Er hat die Praxis seiner Geheimdienste grundsätzlich verteidigt. Er rechtfertigt die Abhör-Aktivitäten mit der Wahrung von Freiheitsrechten."
Der Vorsitzende der Unionsbundestagsfraktion, Volker Kauder (CDU), hat davor gewarnt, die USA wegen der NSA-Spionageaffäre politisch unter Druck setzen zu wollen. "Ich sehe keine echten Druckmittel", sagte er der "Frankfurter Rundschau". Mit Drohungen sei wenig gewonnen, wenn man sie nicht umsetzen könne. "Wir stecken in einem klassischen Dilemma. Eine Blockade des Freihandelsabkommens wäre für uns Europäer sogar schädlicher als für die USA. Handelskrieg mit Amerika zu führen wäre für eine Exportnation wie Deutschland ein waghalsiges Unternehmen. Und an einer neuen Eiszeit haben wir auch kein Interesse." Die Europäer könnten allerdings gegenüber den USA wesentlich eindrucksvoller auftreten, wenn sie sich erst einmal die untereinander versprächen, sich nicht abzuhören, sagte der CDU-Politiker. Im Augenblick präsentierten sich die Europäer hier nicht sehr überzeugend. "Es ist nicht in Ordnung, wenn sich hier vor allem die Briten wieder einmal einer gesamteuropäischen Lösung verweigern."
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat die Entscheidung von US-Präsident Barack Obama, den US-Geheimdiensten engere Grenzen zu setzen, begrüßt. "Präsident Obama hat heute Entscheidungen zur Begrenzung und Kontrolle der amerikanischen Geheimdienste bekannt gemacht und einen Prozess skizziert, in den auch Kongress und Öffentlichkeit einbezogen werden. Das begrüßen wir, auch weil es die Grundlage für eine noch breitere öffentliche Diskussion in den USA schafft, die ja längst begonnen hat", sagte Steinmeier am Freitag.
Der Bundesaußenminister vertraue darauf, dass die Vereinigten Staaten die Stärke aufbringen, "die Balance von legitimen Sicherheitsbedürfnissen und dem Schutz der Bürgerrechte richtig zu justieren", so Steinmeier weiter.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte die Entscheidung von US-Präsident Barack Obama derweil begrüßt, da dadurch die "Grundlage für eine noch breitere öffentliche Diskussion in den USA" geschaffen worden sei. Er vertraue darauf, dass die Vereinigten Staaten die Stärke aufbringen, "die Balance von legitimen Sicherheitsbedürfnissen und dem Schutz der Bürgerrechte richtig zu justieren", so Steinmeier weiter.
Nach der Ankündigung von US-Präsident Barack Obama, die Ausspähmaßnahmen des US-Geheimdienstes NSA zu begrenzen, schöpft Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) neue Hoffnung auf ein No-Spy-Abkommen mit den Vereinigten Staaten. "Wir dürfen nichts unversucht lassen, um die Daten unserer Bürger vor dem Zugriff der Geheimdienste besser zu schützen. Präsident Obama hat jetzt erste Schritte gemacht", sagte Maas der "Bild am Sonntag". "Die NSA sollte nicht mehr völlig ungebremst weiter Daten sammeln können." Schließlich gebe es in den Vereinigten Staaten "längst Hinweise, dass die enormen Datenmassen gar nicht ausgewertet werden können und daher auch keinen Beitrag zur Sicherheit vor Terroranschlägen leisten", so Maas. Ein Abkommen zwischen Deutschland und den USA hält der SPD-Politiker für die Verbesserung der Beziehungen für dringend erforderlich: "Erst wenn wir ein rechtlich verbindliches Abkommen unterzeichnet haben, das die Daten aller Bürger schützt, werden wir verlorenes Vertrauen zurückgewinnen können."
Obama gibt Exklusiv-Interview im ZDF-"heute-journal"
US-Präsident Barack Obama gibt dem "heute-journal" ein Exklusiv-Interview. Das Gespräch werde am Samstag um 22:45 Uhr ausgestrahlt, teilte das ZDF am Freitagabend mit. Demnach treffe Moderator Claus Kleber Obama in Washington und könne ihn auf Probleme "nicht nur im deutsch-amerikanischen Verhältnis" ansprechen. Es sei das erste Mal seit dem Amtsantritt von Obama, dass der US-Präsident einem deutschen Fernsehteam ein Exklusiv-Interview gebe, so der Sender stolz. Der Vorgang sei ein "Symbol, wie sehr das US-Ansehen eine Politur braucht", kommentierte ZDF-Moderator Theo Koll die Neuigkeit über Twitter.
Zeitungs-Kommentatoren nach Obama-Rede enttäuscht
Die Reaktionen in deutschen Zeitungen zu der Ankündigung von US-Präsident Barack Obama, den US-Geheimdiensten künftig engere Grenzen setzen zu wollen, sind mehrheitlich enttäuschend ausgefallen. "So viel Kosmetik war irgendwie auch das Mindeste, was zu erwarten war", heißt es etwa in der "Märkischen Oderzeitung", während Obama laut der "Frankfurter Rundschau" die Welt enttäuscht habe. "Obama hat sich entschieden, der nationalen Sicherheit der USA den Vorrang vor dem Schutz der Privatsphäre zu geben", kommentierte die "FR". Für die "Westdeutsche Zeitung" ist nicht erkennbar, "dass sich angesichts der von Obama verkündeten Kosmetik deutsche Bürger und auch Wirtschaftsunternehmen nun vor Schnüffelei und Spionage sicher fühlen können". Für die "Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung" ist und bleibt Obama gar "ein latenter Kriegsherr im Technologiezeitalter". Für die "Berliner Morgenpost" war die Rede von Obama "nicht mehr als ein Hoffnungsschimmer". Der US-Präsident hatte unter anderem angekündigt, dass grundsätzlich keine Regierungen eng befreundeter Bündnispartner abgehört werden sollen - allerdings nur, wenn es dazu "keinen zwingenden Grund" gibt und es nicht um die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten gehe.
Obama hatte am Freitag in einer Grundsatzrede unter anderem angekündigt, dass keine Regierungen eng befreundeter Bündnispartner abgehört werden sollen - allerdings nur, wenn es dazu "keinen zwingenden Grund" gibt und es nicht um die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten gehe.
Quelle: dts Nachrichtenagentur