Stadtsoziologe Häussermann sieht Deutschland nicht als Pulverfass
Archivmeldung vom 09.11.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Probleme in deutschen Großsiedlungen sind längst nicht so besorgniserregend wie in den französischen Vororten. Zu diesem Schluss kommt der Stadtsoziologe Hartmut Häußermann von der Humboldt-Universität Berlin in der ZEIT. In Deutschland seien die "Siedlungen im allgemeinen kleiner, ihre Lage ist räumlich nicht so isoliert, und die Segregation ist in vielen Fällen nicht so extrem wie in den französischen Vororten".
Auch sei die Verbindung von
räumlicher und sozialer Ausgrenzung in Deutschland nicht die Regel.
Beunruhigend, so Häußermann, sei aber, dass die Politik Bau und
Förderung von Sozialwohnungen stark eingeschränkt hat. "Die Zahl der
Wohnungen, auf die die Behörden Zugriff haben, um Haushalte in Not
unterzubringen, ist dramatisch geschrumpft." Falls es nicht gelinge,
das Bildungssystem und den Arbeitsmarkt für Migrantenkinder zu öffnen
und die urbanen Ränder in die Gesellschaft einzubinden, dann könnten
auch in Deutschland Pulverfässer entstehen, "die durch einen kleinen
Funken zur Explosion kommen".
Der Sozialwissenschaftler Wilhelm Heitmeyer von der Universität
Bielefeld sieht die Lage in Deutschland ebenfalls nicht kritisch:
"Bei allen Defiziten steht Deutschland integrationspolitisch im
Vergleich mit Frankreich, Großbritannien oder den Niederlanden
zurzeit gar nicht so schlecht da. Das heißt nicht, dass sich das
nicht plötzlich ändern kann", sagt er der ZEIT. Sein Rezept zur
Vorbeugung gegen Verhältnisse wie in Frankreich: "Entscheidend sind
Zugänge zum Arbeitsmarkt, politische Resonanz und stabile soziale
Unterstützung. Daraus entsteht Anerkennung."
Quelle: Pressemitteilung Die Zeit