Attac wirft Merkel und G8 Heuchelei vor
Archivmeldung vom 08.07.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas globalisierungskritische Netzwerk Attac hat Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihren G8-Kollegen Heuchelei im Umgang mit der weltweiten Ernährungskrise und Afrika vorgeworfen.
"Wenn es Merkel ernst wäre mit
ihrer Warnung vor den Folgen einer anhaltenden Nahrungsmittelkrise,
müsste sie sich endlich für eine grundlegende Kehrtwende der
Weltwirtschaftpolitik der G8, der EU und der Weltbank einsetzen",
sagte Sabine Zimpel vom Attac-Koordinierungskreis.
Stattdessen setze die Kanzlerin weiterhin auf eine Politik im
Interesse der transnationalen Konzerne und der Industrieländer - auf
Kosten der Menschen in den Ländern des Südens, insbesondere in Afrika.
"Offenbar sorgt sich Merkel vor allem um die Sicherheit der
Globalisierungsgewinner", sagte Sabine Zimpel. "Sonst würde sie mehr
anbieten als einmalige Finanzspritzen, die bestenfalls die akuten
Symptome ein wenig lindern. Zusammen mit den G8 instrumentalisiert sie
auf zynische Art und Weise die Krise, um den neoliberalen Umbau der
Weltwirtschaft voranzutreiben."
Abkehr vom Freihandelsdogma
Attac forderte die Bundeskanzlerin auf, sich endlich für ein Ende der
Verhandlungen zwischen der EU und Afrika über weit reichende
Freihandelsabkommen (Economic Partnership Agreements / EPAs) sowie für
einen Abbruch der Doha-Runde der Welthandelsorganisation WTO stark zu
machen. In beiden Fällen würden afrikanische Staaten und vor allem
ihre ärmsten Bürgerinnen und Bürger durch die erzwungenen
Marktöffnungen Verluste erleiden. Anbieter aus dem Süden hätten gegen
die Exportindustrien der Industrieländer keine Chance.
Gentechnik verletzt Menschenrechte
Scharf kritisierte Attac auch Merkels Vorstoß für einen verstärkten
Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft. "Die Einführung von
genetisch verändertem Saatgut durch multinationale Konzerne bedroht
Kleinbauern in ihrer Existenz und verletzt die Menschenrechte",
betonte Jutta Sundermann, ebenfalls Mitglied im
Attac-Koordinierungskreis, und verwies auf eine entsprechende
Erklärung des UN-Menschenrechtsausschusses vom 25. Mai dieses Jahres.
Anlass für die Erklärung war ein von der alternativen
Nobelpreisträgerin Vandana Shiva vorgelegter Bericht über die
Auswirkungen des Einsatzes genmanipulierten Saatguts in Indien,
demzufolge sich bereits 200.000 indische Bauern das Leben genommen
haben, weil sie keinen Ausweg aus der Abhängigkeits- und Kostenspirale
sahen. Jutta Sundermann: "Ginge es Merkel tatsächlich um die
Bekämpfung des Hungers und nicht um die Profite der großen
Saatgutkonzerne, müsste sie sich für Ernährungssouveränität, für
Zugang der Kleinbauern zu Land, Wasser und freiem Saatgut einsetzen."
Dies geht auch aus einer im April vorgelegten Studie des
Weltagrarrates hervor.
Verbot für Spritfresser statt Agrosprit
In der Debatte um Agrosprit forderte Attac die Bundeskanzlerin auf,
die Automobilindustrie endlich gesetzlich auf den Bau von Fahrzeugen
mit geringem Kraftstoffverbrauch zu verpflichten, statt zu versuchen,
der Autobranche mit Hilfe von Agrosprit ein grünes Mäntelchen
umzuhängen. "Weizen gehört auf den Teller - nicht in den Tank von
Spritfressern", stellte Jutta Sundermann klar "Von der Tankfüllung für
einen Geländewagen kann ein Mensch ein Jahr lang leben - das ist
obszön." Laut einem Bericht der Weltbank ist die Produktion von
Agrosprit eine der Hauptursachen der gegenwärtigen Hungerkrise.
Quelle: Attac Deutschland