Steinmeier ließ deutsche Diplomaten im Dunkeln über Kurnaz
Archivmeldung vom 31.01.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlWährend das Auswärtige Amt (AA) versuchte, den Bremer Guantanamo-Häftling Murat Kurnaz freizubekommen, hintertrieben Kanzleramt und Innenministerium diese Bemühungen. Das belegen Dokumente, die dem Hamburger Magazin stern vorliegen. Verantwortlicher Chef im Kanzleramt war damals Frank-Walter Steinmeier, heute Außenminister und damit Oberster Dienstherr im Auswärtigen Amt.
Der damalige Außenminister Joschka Fischer hatte bereits am 8.
Februar 2002 seine Diplomaten angewiesen, sich bei US-Behörden für
den Türken aus Bremen einzusetzen. Doch das Kanzleramt ließ die
Kollegen aus dem AA im Dunkeln über die Aktivitäten von
Innenministerium und Geheimdiensten im Fall Kurnaz.
So erfuhren Fischers Diplomaten nichts von den Verhören des Bremers in Guantanamo durch Beamte des Verfassungsschutzes und Bundesnachrichtendienstes. "Ausschließlich wir übernehmen den Fall", notierte ein Mitarbeiter des Kanzleramts zu einem Bericht über ein Treffen in Ankara, wo ein deutscher Diplomat mit einem Vertreter der türkischen Regierung über Kurnaz Haft in Guantanamo redete.
Selbst als Joschka Fischer ein Jahr später, im November 2003, den
Fall Kurnaz bei einem Treffen mit seinem US-Kollegen Colin Powell
vergebens ansprach, war das zuständige Fachreferat im AA nicht über
den Besuch deutscher Geheimdienste in Guantanamo informiert worden.
Dies dokumentieren dem stern vorliegende Papiere. "Über eine solche
Reise waren wir nicht unterrichtet", schrieb ein Mitarbeiter des
AA-Referats 506. Als das AA dann vom Kanzleramt eine Stellungnahme
erbat, mahnte ein Vertrauter von Geheimdienstkoordinator Ernst Uhrlau
zur Geduld und teilte mit: Das Innenministerium sei ohnehin "gegen
eine Rückkehr von Kurnaz nach Deutschland". Ein Mitarbeiter des AA
notierte: "Information auch neu für uns".
Quelle: Pressemitteilung stern