Flüchtlingskrise: Hofreiter unterstützt Merkels Kontingent-Vorschlag
Archivmeldung vom 19.12.2015
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Freigeschaltet durch Dennis WitteGrünen-Fraktionschef Anton Hofreiter gibt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Rückendeckung für den Vorschlag, Flüchtlinge aus Syrien künftig in Kontingenten sicher über das Mittelmeer nach Europa zu holen und dort zu verteilen. "Wir brauchen jetzt ein Mindestmaß an europäischer Solidarität, um jedes Jahr ein paar Hunderttausend Menschen auf sicherem Weg in unsere europäische 500-Millionen-Gesellschaft aufzunehmen", sagte Hofreiter der "Welt".
"Klug wäre, wenn die EU jedes Jahr einem festgelegten Kontingent von mehreren Hunderttausend Flüchtlingen eine sichere Schifffahrt über das Mittelmeer organisieren würde." Dies wäre ein sicherer Weg, und es würde das Geschäft des Schlepper zerstören. "Und wen wir nicht in einem Jahr per Fähre nach Europa bringen, dem versprechen wir die Überfahrt im nächsten Jahr."
Wer vorerst in den Flüchtlingslagern bleiben müsse, werde mithilfe von EU-Mitteln anständig ernährt und medizinisch versorgt, erklärte Hofreiter. "Neben dieser Kontingentlösung gilt das individuelle Asylrecht selbstverständlich weiter." Scharf attackierte Hofreiter den Kurs der CSU in der Flüchtlingspolitik.
"Hinter der Forderung der CSU nach einer Obergrenze für den Flüchtlingszuzug steckt eine boshafte Form der Naivität", kritisierte er. "Zum einen wird durch solche Forderungen die Hilfsbereitschaft in der Gesellschaft kaputtgeredet. Zum anderen wird der falsche Eindruck erweckt, es kämen dann weniger Flüchtlinge zu uns." Niemand könne ihm die Frage beantworten, was mit den Bürgerkriegsflüchtlingen geschehen solle, die herkämen, wenn eine ausgerufene Obergrenze bereits erreicht sei.
"Werden die dann nach Syrien zurückgeschickt? Oder niedergeknüppelt wie in Ungarn?" Wenn Deutschland gewisse humane Standards aufrechterhalten wolle, sei eine Obergrenze nicht umsetzbar, erklärte der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion. "Deswegen ist auch Angela Merkel dagegen. Die Kanzlerin weiß, dass eine Obergrenze ein unrealistisches Versprechen wäre." Der Kurs der CSU in der Flüchtlingspolitik mache eine schwarz-grüne Koalition nach der Bundestagswahl 2017 "eher schwieriger".
Nach Albig-Vorstoß: Hofreiter gegen rot-grüne Minderheitsregierung
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat sich gegen das Modell einer rot-grünen Minderheitsregierung auf Bundesebene ausgesprochen. "Eine Minderheitsregierung birgt die Gefahr, die Menschen zu überfordern", sagte Hofreiter der "Welt".
Er könne sich das aktuell nur schwer vorstellen. Zuvor hatte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig eine rot-grüne Minderheitsregierung als Machtoption für die SPD ins Gespräch gebracht. "2017 wird das in Deutschland sicher kein Thema sein, aber mittelfristig sollten wir offener werden für solche Überlegungen", so Albig im "Welt"-Interview.
Als Beispiel nannte der SPD-Politiker das "dänische Modell", in dem "keine in Stein gemeißelten Koalitionsverträge" gemacht würden, sondern um das jeweilige Projekt gerungen werde. Hofreiter erklärte, dass der Versuch in Nordrhein-Westfalen für einige Zeit zwar gut funktioniert habe. "Aber in unserer Zeit, die stark von Krisen geprägt ist, wollen die Menschen eine stabile und verlässliche Regierung im Bund", so der Grünen-Politiker.
Quelle: dts Nachrichtenagentur