Außenstaatsminister für internationale Maßnahmen in Corona-Krise
Archivmeldung vom 16.03.2020
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Freigeschaltet durch André OttMichael Roth (SPD), Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, hat davor gewarnt, sich in der Corona-Krise überwiegend auf nationale Maßnahmen zu konzentrieren. "Mir blutet das Herz, wenn Grenzen geschlossen, die individuelle Freiheit eingeschränkt und Freizügigkeit teilweise ausgesetzt werden. Aber das muss jetzt vorübergehend wohl so sein", sagte Roth der "Welt".
Er fügte hinzu: "Aber in einer globalisierten Welt stoßen rein nationale Maßnahmen schnell an ihre Grenzen. Wie gut, dass wir die EU haben. Noch besser wäre es, wenn wir die Vereinigten Staaten von Europa bereits hätten." Zugleich zeigte sich der Sozialdemokrat ernüchtert über die bisherigen Bemühungen auf europäischer Ebene. Mit Blick darauf, dass etwa EU-Beitrittskandidat Serbien zur Bewältigung der Krise auf Chinas Hilfe setzt, sagte Roth: "China mag Geld bieten. Die EU bietet Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Solidarität, Respekt, Frieden und Freiheit. Warum verdammt noch mal schafft es die EU nicht, ihre Stärken und Vorzüge besser und nachdrücklicher zu präsentieren?"
Roth äußerte aber die Hoffnung: "Vielleicht lernen wir wieder unsere Freiheit, die emanzipatorische Kraft Europas lieben. Ja, vielleicht macht uns das, was wir derzeit erleben, wieder demütiger und dankbarer für das, was wir brauchen wie die Luft zum Atmen: Nähe, Austausch, Freiheit, Solidarität, Zusammenhalt."
Mit dem Krisen-Management der Großen Koalition zeigte sich Roth zufrieden: "Diese Bundesregierung, im Übrigen auch der Bundestag, setzen die richtigen Signale: Wir tun alles, was nötig ist. Wir handeln schnell und unbürokratisch." Zugleich stellte Roth klar: "Jetzt spielt Geld keine Rolle. Wir haken uns unter und üben Solidarität mit unseren Partnern in Europa und der Welt. Aber in der freiheitlichen Demokratie gibt es eben auch Grenzen. Wir können und dürfen niemanden zu Hause einschließen und den Schlüssel wegstecken."
Roth zeigte sich zuversichtlich: "Wer, wenn nicht Deutschland, hat das Potenzial, diese Krise zu meistern? Das ist ein schmerzhafter Lernprozess für diejenigen, die bislang kein gutes Haar an der großen Koalition gelassen haben, und diejenigen, die vor allzu großer Staatsmacht und Staatsgläubigkeit gewarnt haben. Staat und Politik müssen jetzt massiv eingreifen, Vertrauen stärken und Verantwortung übernehmen im Interesse von Beschäftigten, sozialer und wirtschaftlicher Stabilität."
Quelle: dts Nachrichtenagentur