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Bedrohte afghanische Bundeswehrmitarbeiter beantragen Aufnahme in Deutschland

Archivmeldung vom 25.01.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.01.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Camp-Marmal in Masar-i Scharif. Nach Erweiterung des Mandatsgebietes von ISAF übernimmt Deutschland die Verantwortung im Norden Afghanistans. Bild: Bundeswehr/Wilke
Camp-Marmal in Masar-i Scharif. Nach Erweiterung des Mandatsgebietes von ISAF übernimmt Deutschland die Verantwortung im Norden Afghanistans. Bild: Bundeswehr/Wilke

Die ersten Ortskräfte der Bundeswehr in Afghanistan haben die Aufnahme in Deutschland beantragt. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte dem Radiosender NDR Info, es lägen bisher drei Anträge von Mitarbeitern vor, "die nach deren eigener Einschätzung eine besondere individuelle Bedrohung anzeigten". Durch den Abzug deutscher Soldaten befürchten viele der weit über tausend afghanischen Ortskräfte nach Einschätzung von Pro Asyl Repressalien, vor allem durch Taliban. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation informiert die Bundeswehr ihre lokalen Mitarbeiter nicht aktiv über Möglichkeiten für eine Umsiedlung nach Deutschland. Pro Asyl und die Grünen fordern eine großzügige Regelung für gefährdete Ortskräfte.

Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, spricht von einer "moralischen Verpflichtung" der Bundesrepublik, "den Menschen, die ihr geholfen haben, auch zu helfen". Es lägen schon konkrete Bedrohungen vor, sagte der Bundestagsabgeordnete NDR Info: "Es gibt bereits Berichte von Personen, die von Aufständischen als Kollaborateure gebrandmarkt werden. Es gab auch schon einmal einen Fall, bei dem ein Kind eines Übersetzers entführt wurde. Und zwar mit der Ansage: Wir entführen dich, weil dein Vater mit den Deutschen zusammenarbeitet." Der langjährige Bundeswehr-Dolmetscher Mohammed Hanif aus Kundus berichtet: "Schon öfter wurde gesagt: Der Hanif muss aus den deutschen Organisationen raus, sonst werden wir ihn umbringen." Bernd Mesovic, stellvertretender Geschäftsführer von Pro Asyl, fordert, konkret bedrohte Mitarbeiter müssten sofort außer Landes gebracht werden.

Mesovic berichtet aus Gesprächen mit Ortskräften, die Bundeswehr weise ihre Mitarbeiter nicht aktiv auf Möglichkeiten zur Aufnahme in Deutschland hin. Das bestätigt Mohammed Hanif: "Was mit uns passiert, wenn wir die Arbeit verlieren oder rausgehen, darüber hat uns bisher keiner etwas gesagt." Der Grünen-Verteidigungspolitiker Nouripour forderte die Bundeswehr auf, ihre Ortskräfte zu informieren: "Was hilft es, wenn die Leute davon nichts erfahren und am nächsten Tag passiert ihnen etwas Schlimmes, weil sie nicht geschützt sind, aber auch, weil sie nicht wussten, dass sie woanders Schutz bekommen können."

Pro Asyl verteilt jetzt ein Hinweisblatt für Ortskräfte in Afghanistan, in dem die Hilfsorganisation auch juristische Unterstützung anbietet. Das Bundesverteidigungsministerium äußerte sich dazu auf Anfrage von NDR Info zunächst nicht.

Pro Asyl plädiert für ein "geordnetes Aufnahmeprogramm" für bedrohte Ortskräfte und ihre Familien. Eine generelle Lösung lehnt die Bundesregierung jedoch bislang ab. Das Innenministerium erklärt dazu: "Sollte ausnahmsweise bei unseren ehemaligen Ortskräften der Fall eintreten, dass die individuelle Bedrohung ein unvertretbares Maß annimmt, so wird die Option geprüft, dass diese Person mit einem zu definierenden Familienumfeld in Deutschland eine Heimat findet. Es wird dabei immer eine Einzelfallentscheidung geben." Die in Afghanistan tätigen Ressorts seien sich jedoch "der Fürsorgepflicht gegenüber ihren afghanischen Mitarbeitern bewusst".

Quelle: NDR Norddeutscher Rundfunk (ots)

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