Türkei unterstellt Bruch des Flüchtlingsdeals
Archivmeldung vom 23.01.2020
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Freigeschaltet durch André OttUnmittelbar vor dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Freitag in Istanbul hat der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu schwere Vorwürfe gegen Deutschland und die EU erhoben. "Wir halten uns an das Abkommen und nehmen alle Flüchtlinge zurück, die zurückgeschickt werden, was ist mit der EU?", sagte Cavusoglu der "Bild".
Cavusoglu weiter: "Die EU hatte versprochen, Ende 2016 die ersten drei Milliarden Euro zu zahlen, Ende 2018 weitere drei Milliarden Euro. Jetzt haben wir 2020 und wir haben noch immer nicht die ersten drei Milliarden Euro vollständig erhalten." Cavusoglu fügte an, er wisse, dass Deutschland in einer schwierigen Lage sei, da viele mittel- und osteuropäische Länder die Ansiedlung von Flüchtlingen ablehnten. Es seien neben den finanziellen aber auch weitere Vereinbarungen nicht eingehalten worden: "Es gab keine Erweiterung der Zollunion und auch kein neues Kapitel der EU-Beitrittsverhandlungen", kritisierte der türkische Außenminister in "Bild".
"Schon allein aus den Gründen, die ich gerade genannt habe, hätten wir unsere Grenzen öffnen können. Wir waren dazu berechtigt, aber haben es nicht getan. Unser Präsident hat gesagt: Dann nehmen Sie doch die Flüchtlinge - und Sie haben das als Drohung wahrgenommen?" Cavusoglu stellte klar: "Trotz allem sind wir für eine Fortsetzung des Abkommens." Gleichzeitig verteidigte Cavusoglu die Festnahme deutscher Staatsbürger in der Türkei: "Warum sollten wir ohne Grund deutsch-türkische Doppelstaatler in Haft nehmen? Das hat nichts mit Politik zu tun, sondern mit der Justiz. Wenn wir Unterstützung des Terrors feststellen, dann wird unsere Justiz tätig, genau wie in Deutschland", sagte Cavusoglu in "Bild".
Seine Landsleute in Deutschland forderte der Außenminister zur Integration und zum Erlernen der deutschen Sprache auf. Im Gegenzug solle Deutschland "die doppelte Staatsbürgerschaft etwas freier gestalten", verlangte er. Die Abschlusserklärung der Berliner Libyen-Konferenz bezeichnete Cavusoglu als "guten Anfang", doch müssten "diejenigen den Waffenstillstand fortsetzen, die vor Ort in den Konflikt verwickelt sind."
Die Zukunft der Türkei sieht Cavusoglu trotz des Kaufs russischer Luftabwehrsysteme weiter in der NATO: "Wir mussten die Luftabwehrsysteme von Russland kaufen, weil wir keine von unseren NATO-Verbündeten bekommen haben", sagte er der "Bild".
Nur wegen des bilateralen Handels mit Russland solle man nicht die türkische Haltung zur NATO in Frage stellen. "Wir finden auch die amerikanischen Sanktionen gegenüber dem Iran nicht richtig, aber generell haben unsere Streitigkeiten mit dem größten NATO-Mitglied USA nichts mit der NATO als solcher zu tun." Während viele NATO-Mitglieder die Krim vergessen hätten, weise die Türkei auch weiterhin darauf hin, dass die Krim zur Ukraine gehöre. Für das Nachbarland Syrien kündigte Cavusoglu die weitere Rückkehr syrischer Flüchtlinge aus der Türkei sowie Binnenvertriebener in die von türkischen Streitkräften kontrollierten Gebiete an.
Quelle: dts Nachrichtenagentur