Aserbaidschan: Unabhängiger Journalist bewusstlos geschlagen
Archivmeldung vom 19.04.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittReporter ohne Grenzen (ROG) ist schockiert über den Angriff auf den unabhängigen Journalisten Idrak Abbasow in Aserbaidschan. Der 35-jährige Reporter dokumentierte gestern Zwangsumsiedlungen in der Nähe von Baku, als Sicherheitsleute der staatlichen Ölfirma Socar ihn bewusstlos schlugen und ihm seine Kamera abnahmen. Abbasow liegt mit schweren Verletzungen im Krankenhaus. Auch andere Journalisten wurden verletzt, darunter die Korrespondentin der oppositionellen Zeitung Jeni Musawat, Gunaj Musajewa.
"Die Regierung muss umgehend Untersuchungen einleiten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, sonst macht sie sich zum Mittäter", so ROG. Die Organisation verweist auf die Beschwerden zahlreicher Bürger über das Vorgehen der Behörden bei Umsiedlungen und Neubauten vor dem Eurovision Song Contest.
In dem Dorf Sulutapa bei Baku kämpfen private Hausbesitzer seit Monaten mit dem staatlichen Ölkonzern Socar um die Eigentumsrechte an Grundstücken. Unter dem Vorwand, es handele sich um baufällige Gebäude, wurden bereits zahlreiche Häuser ohne Gerichtsbeschluss abgerissen.
Als Socar am Mittwoch erneut Häuser zerstören wollte, war Abbasow mit einem Filmteam vor Ort. Angestellte des Konzerns nahmen dem Reporter die Kamera ab, warfen ihn zu Boden und traten mehrmals auf ihn ein. Er wurde mit einer Gehirnerschütterung und mehreren Brüchen ins Krankenhaus eingeliefert. Sein Zustand, so die Ärzte, sei kritisch, aber nicht lebensbedrohlich.
Idrak Abbasow, der für die unabhängige Zeitung Zerkalo und die aserbaidschanische NGO Institut für die Freiheit und Sicherheit von Reportern (IRFS) arbeitet, wurde erst kürzlich für seine hartnäckige Berichterstattung über Zwangsenteignung und die illegale Zerstörung von Häusern ausgezeichnet: Am 28. März verlieh die Londoner NGO Index on Censorship ihm den Preis für Meinungsfreiheit. Im September 2011 war Abbasows eigenes Haus teilweise abgerissen worden.
Zwei Tage vor dem Angriff auf den Reporter hatte Präsident Ilcham Alijew nach einer Kabinettssitzung in Baku einen "Informationskrieg" des Auslands gegen Aserbaidschan beklagt. Auf die wachsende Kritik an den Menschenrechtsverletzungen in seinem Land anwortete er: "Bei uns herrschen Demokratie, Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit." Reporter ohne Grenzen führt Alijew auf der Liste der weltweit größten Feinde der Pressefreiheit.
Quelle: Reporter ohne Grenzen e.V. (ots)