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Jugendämter haben 2017 häufiger geprüft, aber weniger Kindeswohlgefährdungen festgestellt

Archivmeldung vom 13.09.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.09.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Statistisches Bundesamt
Statistisches Bundesamt

Bild: Eigenes Werk /OTT

Die Jugendämter in Deutschland führten im Jahr 2017 rund 143 300 Verfahren zur Einschätzung der Gefährdung des Kindeswohls (Gefährdungseinschätzungen) durch. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, entsprach dies einem Anstieg um 4,6 % gegenüber dem Vorjahr. Trotz steigender Zahl der Verfahren wurden 2017 etwas weniger Kindeswohlgefährdungen festgestellt als 2016 (-0,1 %), nämlich gut 45 700 Fälle.

Von allen durchgeführten Verfahren bewerteten die Jugendämter rund 21 700 im Jahr 2017 eindeutig als Kindeswohlgefährdungen ("akute Kindeswohlgefährdung"). Hier gab es gegenüber dem Vorjahr einen leichten Anstieg um 0,6 %. Bei knapp 24 100 Verfahren (-0,6 %) konnte eine Gefährdung des Kindes nicht ausgeschlossen werden ("latente Kindeswohlgefährdung"). Die Jugendämter sind verpflichtet, bei akuten und latenten Kindeswohlgefährdungen - zunächst mit Unterstützung und Hilfeangeboten - einzugreifen. Sind die Eltern nicht in der Lage oder bereit zu kooperieren, entscheidet das Familiengericht. In rund 48 900 weiteren Fällen (+5,0 %) kamen die Fachkräfte des Jugendamtes zu dem Ergebnis, dass zwar keine Kindeswohlgefährdung, aber ein weiterer Hilfe- oder Unterstützungsbedarf vorlag. In fast ebenso vielen Fällen (48 600) wurde weder eine Kindeswohlgefährdung noch weiterer Hilfebedarf festgestellt (+9,1 %).

Die meisten der rund 45 700 Kinder, bei denen eine akute oder latente Kindeswohlgefährdung vorlag, wiesen Anzeichen von Vernachlässigung auf (60,8 %). In 29,6 % der Fälle wurden Anzeichen für psychische Misshandlungen festgestellt wie beispielsweise Demütigungen, Einschüchterung, Isolierung und emotionale Kälte. Etwas seltener (26,0 %) wiesen die Kinder Anzeichen für körperliche Misshandlung auf. Anzeichen für sexuelle Gewalt wurden in 4,5 % der Fälle von Kindeswohlgefährdung festgestellt. Mehrfachnennungen waren hierbei möglich.

Die Gefährdungseinschätzungen wurden ungefähr gleich häufig für Jungen und Mädchen durchgeführt. Kleinkinder waren bei den Verfahren besonders betroffen: Fast jedes vierte Kind (23,2 %), für das ein Verfahren durchgeführt wurde, hatte das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet. Drei- bis fünfjährige Kinder waren wie im Vorjahr von einem Fünftel (19,2 %) der Verfahren betroffen. In 22,6 % der Fälle waren es Kinder im Grundschulalter (6 bis 9 Jahre). Mit zunehmendem Alter nehmen die Gefährdungseinschätzungen wieder ab: Kinder im Alter von 10 bis 13 Jahren hatten einen Anteil von 19,3 % an den Verfahren, Jugendliche von 14 bis 17 Jahren einen Anteil von 15,7 %.

Am häufigsten machten Polizei, Gericht oder Staatsanwaltschaft das Jugendamt auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung aufmerksam, und zwar bei 23,4 % der Verfahren. Bei 13,5 % kamen die Hinweise von Schulen oder Kindertageseinrichtungen, bei 11,2 % waren es Bekannte oder Nachbarn. Gut jeden zehnten Hinweis (10,6 %) erhielten die Jugendämter anonym.

Hinweise

Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes droht oder bereits vorliegt. Erhält das Jugendamt Kenntnis davon, so hat es im Rahmen seines Schutzauftrags Gefährdungsrisiko und Hilfebedarf unter Beteiligung verschiedener Fachkräfte abzuschätzen (§ 8a SGB VIII).

Quelle: Statistisches Bundesamt (ots)

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