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Stresstest: AKW-Reservebetrieb ist unnötig und ignoriert Sicherheitsrisiken - BUND prüft rechtliche Schritte

Archivmeldung vom 06.09.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.09.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Mary Smith
Olaf Bandt, Mai 2021
Olaf Bandt, Mai 2021

Foto: Ludwig Hager
Lizenz: CC BY-SA 4.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Anders als von Bundesfinanzminister Christian Lindner und den Atom-Befürworter in den Unionsparteien behauptet, zeigt der gestern vom Bundeswirtschaftsministerium veröffentlichte Stresstest: Die Versorgungssicherheit und die Stromnetzstabilität in Deutschland sind trotz Krise nach wie vor hoch. Die drei verbliebenen Atomkraftwerke - auch das zeigt der Stresstest - haben daran allerdings keinen wesentlichen Anteil. "Wir haben keine Versorgungslücke, sondern eine nicht hinnehmbare Sicherheitslücke", erklärt Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Dennoch sollen die AKW Isar 2 und Neckarwestheim 2 laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach dem gesetzlichen Abschalttermin Ende des Jahres noch bis April als Reservekraftwerke bereitstehen. Der geringe Nutzen steht dabei in keinem Verhältnis zu den Risiken. Der BUND warnt vor einem Aufweichen des Atomausstiegs und prüft rechtliche Schritte gegen ein Wiederanfahren der AKW nach dem gesetzlichen Abschalttermin.

"Es ist gut, dass alle drei Atomkraftwerke wie geplant am 31. Dezember abgeschaltet werden. Doch dann muss auch endgültig Schluss sein. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Atomkraftwerke, die keinen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten können, in Reserve bleiben sollen. Dass Robert Habeck die Chance nicht genutzt hat, um der sinnlosen Geisterdebatte um Laufzeitverlängerungen endlich ein Ende zu setzen, ist bedauerlich. Denn jetzt kommt es darauf an, dass alles getan wird, um die Energieversorgung jenseits der Atomkraft zu sichern. Der Atomstreit zwischen den Parteien lenkt davon ab. Es braucht einen Ausbauturbo für Erneuerbare im Süden, inklusive der Abschaffung der 10 H-Regelung in Bayern und konsequentes Energiesparen", erklärt Bandt.

Die beiden betroffenen Kraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 laufen bereits seit drei Jahren ohne gültige Sicherheitsnachweise. Im AKW Neckarwestheim sind zudem wiederholt dutzende Risse in sicherheitsrelevanten Rohrleiten entdeckt worden. "Der Verstoß der Bundesregierung gegen europäische Sicherheitsvorschriften ist verantwortungslos und darf nicht länger fortgesetzt werden. In Frankreich steht die halbe Reaktorflotte maßgeblich wegen Sicherheitsprüfungen still, die die Bundesregierung offenbar für verzichtbar hält. Eine Hochrisikotechnik darf nicht im Blindflug betrieben werden", stellt Bandt klar.

Weitere BUND-Stimmen zum Ergebnis des Stresstests

BUND Bayern: "Die Zeit von Isar 2 ist abgelaufen. Der Reaktor ist 34 Jahre alt, allein in den letzten sechs Jahren sind dort 15 meldepflichtige Ereignisse aufgetreten, die letzte umfängliche Sicherheitsprüfung ist 13 Jahre her. Sollte die Bundesregierung die falsche Entscheidung treffen, Isar 2 weiterlaufen zu lassen, werden wir alle rechtlichen Schritte prüfen, um dies zu verhindern. Es wäre grotesk, wenn die jahrzehntelange massive Verhinderung der erneuerbaren Energien durch die CSU jetzt auch noch dazu führen würde, dass die Hochrisikotechnologie Atomkraft in Bayern weiterläuft", erklärt der BN-Vorsitzende Richard Mergner.

BUND Baden-Württemberg: "Seit 2017 sind im AKW Neckarwestheim 2 über 300 Risse gewachsen. Hier herrscht also schon ein Notfall. Dieses AKW nun als Notreserve vorzuhalten und möglicherweise durch An- und Abschaltungen einer hohen Belastung auszusetzen, ist unverantwortlich und muss gestoppt werden. Der BUND Baden-Württemberg prüft deshalb eine Klage", so Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg.

BUNDjugend: "Die AKW in Notreserve befördern weiterhin eine Scheindebatte, um vom politischen Versagen der letzten Jahre abzulenken, während der die Energiewende ausgebremst wurde. Es ist schon jetzt abzusehen, dass eine Debatte um Laufzeitverlängerungen auch weiterhin echte Problemlösungen behindern wird. Das tritt die jahrelangen Bemühungen junger Klimaaktivist*innen sowie die Interessen unserer gesamten Generation mit Füßen! Atomkraftwerke können uns dabei nicht helfen. Auch in Notreserve können sie den nur minimal senken und die Folgen werden auf junge und kommende Generationen abgewälzt!", sagt Alexandra Struck aus dem Bundesvorstand der BUNDjugend.

Hintergrundinformationen: Die Bundesregierung hat den AKW-Betreibern die nach EU-Recht alle zehn Jahre vorgeschriebenen Periodischen Sicherheitsprüfungen (PSÜ) mit Blick auf den nahenden Atomausstieg "erspart". Die PSÜ sind mehrjährige Untersuchungen und können nicht kurzfristig nachgeholt werden. In Frankreich waren im Rahmen einer PSÜ an einem AKW Korrosionsschäden an Rohrleitungen festgestellt worden. Daraufhin wurden die Schäden im Rahmen einer breiten Untersuchung auch an weiteren AKW festgestellt. Unentdeckt hätten die Korrosionen zu einer Kernschmelze führen können.

Quelle: BUND (ots)

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