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Anklageerhebung im Fall "NSU 2.0"

Archivmeldung vom 28.10.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.10.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Richter, Gericht, Justiz, Urteil, Anklage, Verfahren, Gerichtsverhandlung (Symbolbild)
Richter, Gericht, Justiz, Urteil, Anklage, Verfahren, Gerichtsverhandlung (Symbolbild)

Bild: Eigenes Werk /OTT

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat im Fall "NSU 2.0" gegen den verdächtigten 53-Jährigen Anklage erhoben. Der zuletzt in Berlin wohnhafte Mann hatte seit August 2018 bundesweit unter anderem an zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens Drohschreiben verschickt.

Mit der am Landgericht Frankfurt eingereichten 120 Seiten umfassenden Anklageschrift werden dem Angeschuldigten neben 67 Fällen der Beleidigung aber auch noch zahlreiche weitere Delikte vorgeworfen. Neben versuchter Nötigung, Bedrohung, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten, Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Volksverhetzung und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Besitz kinder- und jugendpornographischer Schriften sowie ein Verstoß gegen das Waffengesetz.

Der Mann soll vom 2. August 2018 bis 21. März 2021 insgesamt 116 selbst verfasste Drohschreiben per E-Mail oder unter Nutzung kosten- loser SMS- und Faxdienste unter Verwendung eines TOR-Browsers online verschickt und dabei regelmäßig die Grußformel "Heil Hitler" verwendet sowie sich selbst meist "SS-Obersturmbannführer" genannt haben. Bei den Adressaten handelte es sich um Privatpersonen , Personen des öffentlichen Lebens sowie Behörden und Institutionen. Die Schreiben enthielten Beleidigungen wie "Türkensau", "Scheißtürken", "Volksschädling", "Kümmelhändler", "hirntoter Scheißdöner" sowie "Abfallprodukte", teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Gedroht wurde unter anderem mit "verpiss dich lieber, solange du hier noch lebend rauskommst" oder damit, dass Familienangehörige "mit barbarischer sadistischer Härte abgeschlachtet" würden. Aufgebaut waren die Drohbriefe häufig in Form eines offiziellen bzw. behördlichen Schreibens mit Anrede, Anschreiben und Grußformel oder in Form eines Gerichtsurteils. In einer Vielzahl von Fällen soll der Angeschuldigte zur Verstärkung der Drohwirkung personenbezogene und zum Teil nicht frei zugängliche Daten der ausschließlich weiblichen Adressatinnen genannt haben.

Nach dem Ergebnis der Ermittlungen geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass er diese unter Einsatz einer Legende erlangt hat, indem er vorgab, Bediensteter einer Behörde zu sein. Der anfängliche Verdacht, Polizeibeamte könnten in strafrechtlich relevanter Weise an der Datenabfrage beteiligt gewesen sein, hat sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft nicht bestätigt. Bei sämtlichen Taten soll es dem Angeschuldigte darum gegangen sein, neben der Bedrohungswirkung auf die unmittelbaren Adressaten der Schreiben eine öffentlichkeitswirksame Medienberichterstattung zu erreichen. Er wurde am 3. Mai 2021 in seiner Berliner Wohnung festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.

Der Festnahme gingen nach Angaben der Ermittler aufwändige und sehr zeitintensive Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und des Hessischen Landekriminalamtes in Form von Internetrecherchen, sprachwissenschaftlichen Begutachtungen und Rechtshilfeersuchen ins Ausland voraus, die letztlich im April 2021 zur Identifizierung des Angeschuldigten führten. Bei der im Anschluss an die Festnahme durchgeführten Wohnungsdurchsuchung konnten neben einer Vielzahl von elektronischen und schriftlichen Unterlagen mehrere Datenträger mit kinder- und jugendpornographischem Bild- und Videomaterial sowie zwei dem Waffengesetz unterliegende Würgehölzer sichergestellt werden. Der Angeschuldigte bestreitet die Tatvorwürfe. Das Landgericht wird nunmehr über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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