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NSU-Prozess gestartet - Zweiter Verhandlungstag verschoben

Archivmeldung vom 06.05.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.05.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: berlin-pics  / pixelio.de
Bild: berlin-pics / pixelio.de

Das Oberlandesgericht München musste sich am ersten Tag des mit Spannung erwarteten NSU-Prozesses mit zahlreichen Anträgen der Verteidiger auseinandersetzen - zum Verlesen der Anklageschrift und damit zum offiziellen Prozessbeginn, kam es bis zum Nachmittag nicht. Statt dessen wurde der NSU-Prozess bis zum 14. Mai ausgesetzt.

Die Verteidiger der Hauptangeklagten und mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Z. stellten einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter. Es bestünden Zweifel an der Unparteilichkeit des Richters, weil dieser angeordnet hatte, dass die Verteidiger von Z. vor Betreten des Sitzungssaals etwa auf Waffen durchsucht werden sollen, während dies nicht für die Vertreter der Bundesanwaltschaft gilt. Die Verteidiger von Z. würden dadurch unter Verdacht gestellt, sich an "verbotenen und letztlich kriminellen Handlungen zu beteiligen". Die Entscheidung wurde zurückgestellt, laut Strafprozessordnung muss bis spätestens zum zweiten Verhandlungstag entschieden werden. "Die verletzte Eitelkeit von Verteidigern ist kein Grund für einen Befangenheitsantrag", kommentierte ein Anwalt der Nebenkläger den juristischen Schachzug.

Neben Z. müssen sich auch vier mutmaßliche Helfer der Gruppe vor dem Oberlandesgericht verantworten. Auch sie lehnten zum Teil die Richter ab oder beklagten, zu wenige Verteidiger zu haben.

Die Angeklagten waren kurz vor 10 Uhr in den Gerichtssaal geführt worden. Beate Z. erschien ohne Handschellen, dafür aber gut gekleidet im Businessdress und geschminkt. Später packte sie ihren eigenen Laptop aus und schien sich sogar eigene Notizen zu machen. Die Mitangeklagten schützten sich zum Teil mit Aktendeckeln und Kapuzen vor den Kameras und schienen den weiteren Prozesstag im Gegensatz zur Hauptangeklagten eher uninteressiert.

Der Besucherandrang war geringer, als erwartet. Besonders genervt zeigte sich am Morgen aber ein Gesandter der türkischen Botschaft, der sich in die normale Besucherschlange stellen musste: "Deutsche Abgeordnete, die in der Türkei gerichtliche Prozesse verfolgen wollen, müssen nicht in der Schlange warten", versprach er in die Kameras.

Der Streit um die 50 Presseplätze erscheint nach dem ersten Prozesstag in einem anderen Licht: Gleich mehrere Journalisten, die einen festen Platz zugeteilt bekommen hatten, verließen bereits am Mittag den Gerichtssaal und verzichteten auf ihre Reservierung. Mancher Prozessbeobachter rechnete damit, dass das Interesse an dem Prozess rasch nachlassen könnte.

Die Sicherheitsvorkehrungen am Münchener Oberlandesgericht waren zum Start des NSU-Prozesses gewaltig: 500 Polizisten waren im Einsatz, zudem wurden die Straßen rund um das Gerichtsgebäude weiträumig abgesperrt und der Luftraum überwacht.

Unterdessen wurde bekannt, dass auf das Büro eines Verteidigers in Cottbus ein Anschlag verübt wurde. Unbekannte sollen in der Nacht auf Montag Fensterscheiben mit Steinen eingeworfen und eine Parole an die Wand gesprüht haben: "NSU-Anwalt – Rassismus tötet!"

Ein Hamburger Rechtsanwalt meldete sich zu Wort und beklagte, dass bei der Aufklärung von Ermittlungspannen Hamburg zu Unrecht ausgespart werde. "Es gibt Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss, dass Hamburg eigentlich eine ganz besondere Rolle gespielt hat. Profiler im Landeskriminalamt haben eine ganz andere Spur verfolgen wollen, selbst nachdem andere Ermittler gesagt haben, das müssen Rechtsradikale sein, haben die sich sehr stark auf die organisierte Kriminalität bezogen. Deshalb haben sie die Ermittlungen auch teilweise aus meiner Sicht blockiert", sagte Ünal Zeran dem "Norddeutschen Rundfunk".

In Berlin und auch in Erfurt befassen sich Untersuchungsausschüsse mit den NSU-Morden. Gerade bei den Opfern aus dem Norden hätte es nach Einschätzung von Zeran ebenfalls einen Hamburger Ausschuss geben müssen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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