Eltern schätzen die Gefahren für ihr Kind viel höher ein, als sie tatsächlich sind
Archivmeldung vom 13.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEltern werden immer ängstlicher - das ist das Ergebnis einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag der Zeitschrift BRIGITTE. So glauben 78 Prozent aller Mütter und 66 Prozent aller Väter, dass der Alltag für Kinder gefährlicher geworden ist als früher. Dabei sind die Ängste oft unbegründet.
84 Prozent der Mütter
denken etwa, dass der Straßenverkehr für Kinder immer gefährlicher
wird, 75 Prozent meinen, die Zahl der Sexualverbrechen, die von
Fremden an Kindern begangen werden, sei in den letzten Jahren stetig
gestiegen - beide Einschätzungen sind falsch.
59 Prozent aller befragten Eltern halten die Sicherheit ihrer
Kinder für wichtiger als Freiräume, 47 Prozent glauben zum Beispiel,
dass es sicherer ist, Kinder mit dem Auto zur Schule zu fahren, als
sie alleine zu Fuß gehen zu lassen. Schadet diese zunehmende
Besorgtheit der Entwicklung der Kinder? "Ja", sagt die
Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler in der
aktuellen Ausgabe des Magazins BRIGITTE. "Eltern treten ihren Kindern gegenüber heute häufig in einer
pädagogischen Überreflektiertheit auf und lassen ihnen zu wenig
Freiräume. Wenn wir ständiges Misstrauen gegenüber den eigenen
Fähigkeiten in unsere Kinder pflanzen, dann werden sie kein Vertrauen
in das Leben entwickeln - und nicht wissen, wie man Krisen bewältigt,
die unausweichlich auf sie zukommen. Wenn wir unsere Kinder zu sehr
einschränken, bringen wir sie um ihre Autonomie und Lebensfreude."
Von einer "klinisch bedeutsamen Zunahme" krankhaft unsicherer
junger Patienten spricht Prof. Michael Schulte-Markwort, Direktor der
Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik an der
Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf, in BRIGITTE: "Wir sehen immer
mehr Kinder insbesondere im Grundschulalter mit Trennungsängsten,
daraus folgender Schulphobie, allgemeiner Scheu oder Ängstlichkeit
und unspezifischen Symptomen wie Bauchschmerzen, Übelkeit und
Einschlafstörungen." Mit der Zahl der überbesorgten Eltern sei in den
letzten Jahren auch die Zahl der Kinder gestiegen, die therapeutische
Hilfe benötigen, weil sie unter einem nicht gelingenden
Autonomieprozess leiden.
Quelle: Pressemitteilung BRIGITTE