Sterbefallzahlen im September 2020 5 % über dem Durchschnitt der Vorjahre - Kein Zusammenhang mit COVID-19
Archivmeldung vom 30.10.2020
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.10.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttIm September 2020 sind nach vorläufigen Ergebnissen mindestens 73 010 Menschen in Deutschland gestorben. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, sind das 5 % beziehungsweise 3 221 Fälle mehr als im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019.
Erhöhung im September 2020 offenbar nicht durch COVID-19-Todesfälle bedingt
Die Daten zu bestätigten COVID-19-Todesfällen, die beim Robert Koch-Institut (RKI) gemeldet werden, können die überdurchschnittlichen Sterbefallzahlen nicht erklären. Im September starben nach Angaben des RKI 192 Personen, die zuvor laborbestätigt an COVID-19 erkrankt waren. Im April 2020, als die gesamten Sterbefallzahlen 10 % (+7 376 Fälle) über dem Durchschnitt der Vorjahre lagen, gab es 6 035 COVID-19-Todesfälle, sodass ein Zusammenhang mit der Erhöhung naheliegend war. Die gesamten Sterbefallzahlen der Monate Mai bis Juli bewegten sich im Bereich des Durchschnitts der Jahre 2016 bis 2019. Im August waren die Sterbefallzahlen im Zuge der Hitzewelle um 6 % erhöht (siehe dazu Pressemitteilung Nr. 399 vom 9. Oktober 2020).
Durchgängiger Anstieg der Sterbefallzahlen im September seit 2015
Im Vergleich zu den Vorjahresmonaten steigen die Sterbefallzahlen im September seit dem Jahr 2015 durchgängig an. Saisonale Einflüsse wie Grippe- oder Hitzewellen sind für diesen Monat nicht typisch. Ohne diese Effekte ist vor allem der steigende Anteil älterer Menschen als Hauptursache für die kontinuierliche Erhöhung der Sterbefallzahlen naheliegend. Die Zahl der ab 80-Jährigen zum Jahresende ist von 2015 bis 2019 von 4,7 Millionen auf 5,7 Millionen gestiegen. Die überdurchschnittlich hohen Sterbefallzahlen im September 2020 sind dementsprechend fast ausschließlich auf eine Zunahme von Sterbefällen in dieser Altersgruppe zurückzuführen (+3 924 Fälle oder +10 % gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019). Die Sterbefallzahlen der unter 80-Jährigen sind hingegen zurückgegangen (-703 Fälle oder -2 %).
Beinahe 170 000 zusätzliche Todesfälle in der EU von März bis Juni 2020
Wie das Europäische Statistikamt Eurostat meldet, wurden von März bis Juni 2020 in der gesamten Europäischen Union beinahe 170 000 zusätzliche Todesfälle im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 registriert. Im 2. Halbjahr 2020 ist eine derartige Entwicklung bislang nicht zu erkennen. Das EuroMOMO-Netzwerk zur Beobachtung von Sterblichkeitsentwicklungen meldet für Kalenderwoche 40 (vom 28. September bis 4. Oktober 2020) eine geringe Übersterblichkeit ("low excess") für die Niederlande und Spanien. Im Rest Europas stellt EuroMOMO für diese Kalenderwoche keine Übersterblichkeit fest.
Methodische Hinweise zu den Sterbefallzahlen für Deutschland: Die Auswirkungen der bisherigen Entwicklung der Sterbefallzahlen auf das gesamte Kalenderjahr 2020 lassen sich gegenwärtig noch nicht abschätzen. Für eine abschließende Einordnung einer zeitweisen Übersterblichkeit muss der gesamte Jahresverlauf betrachtet werden. Zudem müssen die Sterbefälle ins Verhältnis zur Bevölkerung gesetzt werden, um beispielsweise auch den Alterungsprozess der Bevölkerung adäquat einzubeziehen.
Eigene Auswertungen zum Jahresverlauf der Sterbefallzahlen sind auf Basis der Sonderauswertung "Sterbefälle - Fallzahlen nach Tagen, Wochen, Monaten, Altersgruppen und Bundesländern für Deutschland 2016 bis 2020" möglich. Für das Jahr 2020 werden erste vorläufige Daten dargestellt. Bei den vorläufigen Daten handelt es sich um eine reine Fallzahlauszählung der eingegangenen Sterbefallmeldungen aus den Standesämtern ohne die übliche Plausibilisierung und Vollständigkeitskontrolle der Daten.
Durch gesetzliche Regelungen zur Meldung von Sterbefällen beim Standesamt und Unterschiede im Meldeverhalten der Standesämter an die amtliche Statistik sind aktuelle Aussagen zur Zahl der Sterbefälle mit einem Verzug von etwa vier Wochen möglich. Durch die verzögerten Meldungen werden sich die vorliegenden Ergebnisse für das Jahr 2020 noch leicht erhöhen.
Die vorläufigen Sterbefallzahlen beziehen sich auf den Sterbetag, nicht auf das Meldedatum. Da die gemeldeten COVID-19-Todesfälle vom RKI ebenfalls nach Sterbetag veröffentlicht werden, ist ein zeitlicher Vergleich mit den vorläufigen Gesamt-Sterbefallzahlen möglich.
Quelle: Statistisches Bundesamt (ots)