Beerdigungen beim Online-Discounter
Archivmeldung vom 16.03.2005
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Freigeschaltet durch Michael DahlkeDer Volksmund weiß es schon seit Jahrhunderten: „Nichts ist umsonst, nicht einmal der Tod, denn der kostet das Leben.“ Aber inzwischen kostet der Tod auch richtig viel Geld:
Fast 3,7 Milliarden Euro haben die Bundesbürger im vergangenen Jahr dafür bezahlt, dass ihre 821 000 Toten unter die Erde kamen. HB BERLIN. Im Durchschnitt, so hat die Stiftung Warentest ausgerechnet, müssen für eine Bestattung 4500 Euro veranschlagt werden. Im Internet sind deshalb jetzt die ersten „Discount-Bestattungen“ im Angebot. Das Online-Beerdigungsunternehmen „volksbestattung.de“ wirbt seit kurzem mit einem bundesweiten Basis-Preis von 544 Euro um Kundschaft.
Darin enthalten sind neben den wichtigsten Formalitäten die „Grundversorgung des Verstorbenen (einschließlich Hygiene- und Kleinmaterial)“, die „Einkleidung mit einfacher Sterbewäsche“ sowie der einfache Sarg „aus Kiefer, Vollholz, inkl. Sargausschlag- Unterteil“. In den ersten Wochen wurden die Dienste von „volksbestattung.de“ bereits in 30 Fällen in Anspruch genommen.
„Preisgünstige Bestattungen werden zunehmend attraktiv, weil die Streichung des Sterbegeldes und eine generell schwächere Finanzlage der Haushalte die Bürger belasten“, sagt Renate Nixdorf von der Verbraucherinitiative „Aeternitas“. Hinter dem „Volks“-Angebot steht die Versicherungsgruppe „Ideal“ mit Deutschlands größtem Bestattungsunternehmen „Ahorn-Grieneisen“. Die Berliner haben in ihrer 175-jährigen Geschichte auch viel Prominenz würdig unter die Erde gebracht - zuletzt am Dienstag die Schauspielerin Brigitte Mira.
Die „Online-Bestattung“ fürs Volk funktioniert jedoch schlichter: Gebucht werden kann wahlweise direkt im Internet oder über eine Telefonnummer, die rund um die Uhr besetzt ist. Um den Verstorbenen kümmert sich dann eine der 230 Grieneisen-Filialen oder eines von 400 Partnerunternehmen. Allerdings hat der Preis seine Tücken. Nicht nur, weil die trauernden Angehörigen beim Anruf auf die Mitarbeiterin eines Call-Centers treffen können, die ansonsten Versicherungen verkauft. Sondern auch, weil der Basis-Preis nur eine anonyme Bestattung ohne Trauerfeier umfasst und keinerlei Gebühren.
Mit jedem Zusatzwunsch wird es für die Hinterbliebenen teurer - angefangen vom ersten telefonischen Kontakt, der bereits 25 Euro kostet. Für die Verbrennung im Krematorium beispielsweise werden zwischen 150 und 800 Euro extra fällig. Zudem macht es einen erheblichen Unterschied, in welcher Stadt der Leichnam letztlich zu Grabe getragen wird: Bei den städtischen Friedhofsgebühren sind Abweichungen von bis zu 3000 Euro möglich.
Verbraucherschützer raten deshalb bei „volksbestattung.de“ ebenso wie bei vergleichbaren Anbietern wie „sargdiscount.de“ oder „preiswert-bestattung.de“ zur Vorsicht.
„Ob Discount-Angebote tatsächlich günstig sind oder nicht, kann nur durch eine kritische Prüfung der gebotenen Gegenleistung ermittelt werden“, warnt Renate Nixdorf. „Zusatzwünsche werden oft mit überteuerten Preisen aufgerechnet. Wer allerdings mit dem Mindestangebot zufrieden ist, kann durchaus sparen.“
Nach einer Untersuchung der Stiftung Warentest ist im Umgang mit Bestattungsunternehmen aber ohnehin Vorsicht am Platz. Oft genug wird der emotionale Ausnahmezustand der Hinterbliebenen ausgenutzt. „Wenn es ums Geld geht, greifen viele Bestatter zur Verschleierungstaktik“, heißt es in einem kürzlich veröffentlichten Test. Die billigste Bestattung schlug dabei mit 600 Euro zu Buche, die teuerste mit 18 000 Euro. Wie der Volksmund seit Jahrhunderten weiß: Nicht einmal der Tod ist umsonst.
Quelle: wiwo.de