Berliner Polizei: Schwerer Vorwurf gegen Leiter der WM-Spezialeinheit
Archivmeldung vom 15.05.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Berliner Polizei gilt als raue Truppe. Doch was sich in der Nacht zum 2. Mai abgespielt haben soll, regt selbst hartgesottene Beamte auf. Nach Informationen des Tagesspiegels steht der Chef einer eigens für die Fußballweltmeisterschaft aufgestellten Spezialeinheit, Polizeioberrat Achim W., in Verdacht, er habe in einem Befehlswagen einem Untergebenen einen wuchtigen Faustschlag versetzt.
Das mutmaßliche Opfer, Polizeihauptkommissar Axel B., ließ
sich noch am 2. Mai von einem Arzt untersuchen. Die Diagnose: Auf dem
rechten Oberarm war eine zehn mal zehn Zentimeter große Prellung zu
erkennen. Der Arzt bescheinigte B., die Verletzung entspreche dem
Muster eines Faustschlags. Danach erstattete B. am Abend des 2. Mai
beim Landeskriminalamt Strafanzeige gegen den Vorgesetzten. Seitdem
ermittelt die zuständige LKA-Abteilung 341. Der Tatvorwurf lautet:
Körperverletzung im Amt.
Der Vorfall erhält nun vor der Fußballweltmeisterschaft
zusätzliche Brisanz durch die besondere Stellung des Tatverdächtigen.
Achim W. ist Landeseinsatztrainer und leitet seit April die von der
Berliner Polizei für die WM aufgestellte Interventionstruppe "LKA
633 Aufklärung und Information". In der im Januar installierten
Spezialeinheit sind 90 Beamte zusammengefasst, die während der
Spiele in Berlin Ausschreitungen von Hooligans vorbeugen sollen. Axel
B., ein Polizist mit viel Erfahrung aus schwierigen Einsätzen, wurde
den Interventionskräften als führender Beamter zugeteilt. Nach dem
Eklat vom 2. Mai berieten Polizeipräsident Dieter Glietsch, LKA-Chef
Peter-Michael Haeberer und weitere Spitzen der Polizei, welche
Konsequenzen zu ziehen seien. Glietsch traf dann eine Entscheidung,
die offenbar reichlich Verbitterung in der Einheit ausgelöst hat.
Der unter Tatverdacht stehende Polizeioberrat Achim W. blieb
Leiter der Interventionstruppe, das mutmaßliche Opfer Axel B.
hingegen musste die Einheit verlassen. Abgelöst wurde auch der
Stellvertreter von Achim W., Polizeihauptkommissar Thomas G. Er war
Zeuge des Vorfalls und wird im Umfeld von Polizeipräsident Glietsch
als Drahtzieher einer Intrige vermutet. Thomas G. war zunächst selbst
als Chef der Interventionskräfte vorgesehen, galt aber wegen zweier
kleiner Disziplinarverfahren als riskante Besetzung. Deshalb wurde
ihm Polizeioberrat Achim W. als Leiter der Einheit vor die Nase
gesetzt. In der Polizei kursiert nun das Gerücht, Thomas G. könnte
Achim W. animiert haben, einen "kleinen Klaps" auf den Arm als
Körperverletzung zu dramatisieren. Womöglich habe sich Axel B. sogar
selbst auf den Arm geschlagen, bevor er zum Arzt ging. Andere Stimmen
in der Polizei halten solche Verschwörungstheorien für abwegig. Was
den Schlag oder "Klaps" ausgelöst hat, ist allerdings unklar.
Möglicherweise gab es zuvor eine verbale Auseinandersetzung zwischen
Achim W. und Axel B. im Zusammenhang mit den Einsätzen der Polizei am
1. Mai.
Achim W., Axel B. und Thomas G. waren für den Tagesspiegel nicht
zu erreichen. Axel B. ist wegen der starken nervlichen Belastung, der
er seit dem 2. Mai ausgesetzt ist, krankgeschrieben. Präsident
Glietsch gab gestern nur eine knappe Stellungnahme ab. Unabhängig vom
konkreten Sachverhalt lasse sich nur sagen: Wenn jede Strafanzeige
gegen einen Vorgesetzten dazu führen würde, dass dieser abgelöst
wird, "könnten sich Mitarbeiter auf unanständige, aber einfache Weise
von Führungskräften trennen, die ihre Aufgabe ernst nehmen und sich
damit nicht nur Freunde machen". Deshalb müsse in jedem Einzelfall
sorgfältig geprüft werden, ob personelle Konsequenzen zu ziehen sind.
Glietsch: "Dies ist auch im vorliegenden Fall geschehen." Ein
Beamter, der namentlich nicht genannt werden möchte, äußert sich
hingegen drastisch: "Die Sache stinkt zum Himmel."
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel