Historiker Mommsen sieht keinen neuen deutschen Patriotismus
Archivmeldung vom 16.06.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.06.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie zahllosen schwarz-rot-goldenen Fahnen und das Singen der deutschen Nationalhymne in den WM-Stadien sind für den renommierten Historiker Hans Mommsen kein Zeichen für einen neuen deutschen Patriotismus. "Es ist mehr eine Art kollektiver Spieltrieb oder Party-Stimmung", sagte Mommsen den "Lübecker Nachrichten".
Deshalb müsse auch niemand Sorge vor einer solchen
Entwicklung haben. Er zeigte auch wenig Verständnis für die Kritik
der Lehrergewerkschaft GEW an der deutschen Nationalhymne als
"furchtbares Loblied". Die Nationalhymne sei "für die, die sie
singen, sicherlich kein Loblied auf die Nation. Sie hat einen
emotionalen Stellenwert, ist ein Erkennungssymbol." Mommsen sagte
weiter, er teile auch die Sorge nicht, dass da eine Stimmung
entsteht, die den Rechtsradikalen in die Hände spielt. "In
Deutschland sind die Entwicklungsmöglichkeiten für den
Rechtsradikalismus eher gering, auch wenn er in einzelnen regionalen
Enklaven noch stark ist. Im europäischen Vergleich spielt er in
Deutschland nur eine geringe Rolle", sagte der Historiker, der sich
seit Jahrzehnten intensiv mit der Geschichte und den Wurzeln des
Nationalsozialismus und Rechtsextremismus beschäftigt.
Quelle: Pressemitteilung Lübecker Nachrichten