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Digitaler als ihr Ruf: Die Babyboomer im technologischen Wandel

Archivmeldung vom 22.02.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.02.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: Jorma Bork / pixelio.de
Bild: Jorma Bork / pixelio.de

"Kannst du mir noch kurz mit dem Computer helfen?" ist eine Frage, die für die meisten Millennials zum Besuch bei ihren Eltern aus der Babyboomer-Generation fest dazugehört. Während die Digital Natives mit Computern und Internet aufgewachsen sind, haben die Babyboomer den Großteil ihres Lebens analog verbracht.

Deloitte hat sich anhand von repräsentativen Daten genauer angeschaut, wie es wirklich um die digitalen Nachzügler steht. "Die über 20 Millionen Babyboomer machen ein Viertel der Gesamtbevölkerung in Deutschland aus", erklärt Dr. Andreas Gentner, Partner und Leiter Technology, Media & Telecommunications EMEA bei Deloitte. "Sie verfügen nicht nur über das größte Pro-Kopf-Einkommen in Deutschland, sondern haben, durch den steigenden Anteil an Ruheständlern unter ihnen, auch ein überdurchschnittlich großes Zeitbudget für die Nutzung von Kommunikations- und Medienangeboten. Das macht die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegsgeneration zu einer höchst relevanten und potenziell zahlungskräftigen Kundengruppe. Die entscheidende Frage ist, inwiefern die Babyboomer die vorhandenen digitalen Angebote attraktiv finden."

Smartphones sind auch für Babyboomer Standard

Die passende Hardware für die digitalisierte Welt ist bei den deutschen Babyboomern mittlerweile fast durchgängig vorhanden. 96 Prozent der 55- bis 74-Jährigen haben einen Laptop oder PC. Auch bei der Marktdurchdringung von Smartphones schließen sie zu den jüngeren Altersgruppen auf: 81 Prozent der Babyboomer besitzen ein solches. Im Vergleich zu 2016 ist deren Verbreitung bei den Babyboomern um 25 Prozent und damit doppelt so stark wie im altersübergreifenden Durchschnitt gestiegen.

Insgesamt liegen die Babyboomer bei der Verbreitung digitaler Endgeräte typischerweise leicht unter dem Durchschnitt, eine bemerkenswerte Ausnahme stellen allerdings eReader dar. Seit 2016 ist deren Verbreitung bei Babyboomern um fünf Prozentpunkte auf 25 Prozent gestiegen, und dies in einem insgesamt stagnierenden Markt. Die Vorzüge von eReadern scheinen von den 55- bis 74-Jährigen erkannt zu werden, sie schätzen das gegenüber gedruckten Büchern handlichere Format und die Option größerer Schriften.

Bei Netflix und Amazon fehlen passende Inhalte für die ältere Generation

Doch gerade beim Thema Mediennutzung zeigt sich, dass die Babyboomer nicht alle digitalen Angebote annehmen. Video-on-Demand-Abonnements nutzen sie noch kaum. Nur rund 16 Prozent der Babyboomer schauen regelmäßig, also mindestens einmal pro Woche Filme, Serien oder Dokus bei einem Abodienst im Netz. Im altersübergreifenden Durchschnitt liegt der Nutzeranteil bei 44 Prozent. Der Erfolg von Anbietern wie Netflix oder Amazon Prime Video ist bislang vor allem den jüngeren Altersgruppen geschuldet.

Die Babyboomer bleiben dagegen dem klassischen, linearen Fernsehen treu, dessen Glanzzeiten sie miterlebt haben und wo sie offenbar eher für sie attraktive Inhalte finden. "Video-on-Demand-Anbieter erreichen Baby-Boomer mit ihren Inhalten und Eigenproduktionen derzeit nur bedingt", sagt Klaus Böhm, Leiter Media & Entertainment bei Deloitte. "Wollen die Anbieter für Babyboomer attraktiver werden und hier mehr Wachstum generieren, müssen sie die spezifischen Wünsche dieser Zielgruppe stärker als bisher berücksichtigen." Deutlich aufgeschlossener sind die Babyboomer bei sozialen Medien und digitalen Kommunikationskanälen. Besonderer Beliebtheit erfreut sich der Messenger-Dienst WhatsApp. Hier liegt der Nutzeranteil bei den 55- bis 74-Jährigen mit 83 Prozent nur noch unwesentlich unter dem altersübergreifenden Durchschnitt von 88 Prozent.

Keine Scheu vor Social Media: Jeder zehnte Babyboomer ist auf Snapchat

In den sozialen Netzwerken ist fast eine Art digitale Aufholjagd der Babyboomer zu beobachten: 44 Prozent nutzen Facebook auf ihrem Smartphone, 2016 waren es nur 32 Prozent. Selbst Instagram und Snapchat werden inzwischen mit 17 beziehungsweise 10 Prozent von einem nennenswerten Anteil der 55- bis 74-Jährigen angenommen. Dabei kommt die Nutzung quasi aus dem Nichts: 2016 lag der Anteil für Instagram bei 3 Prozent und für Snapchat bei gerade mal 1 Prozent. Soziale Netzwerke und Kommunikationsplattformen gehören mittlerweile für die meisten Deutschen zum digitalen Alltag, die Babyboomer sind da keine Ausnahme.

Neben der vernetzten Hardware und den digitalen Inhalten braucht es eine entsprechend leistungsfähige Kommunikationsinfrastruktur. Die Anforderungen der Babyboomer an die Mobilfunkanbieter unterscheiden sich nicht grundlegend vom altersübergreifenden Durchschnitt, allerdings setzen die 55- bis 74-Jährigen andere Schwerpunkte: "Sie haben bei neuen Kommunikationsdiensten stark aufgeholt", sagt Dr. Andreas Gentner. "Eine spezifische Ansprache der 20 Millionen Babyboomer ist für die Netzbetreiber aber weiter möglich und sinnvoll, beispielsweise über einen herausragenden Kundenservice. Dieser kommt bei ihnen tendenziell besser an als das Hervorheben komplexer Technologien wie LTE oder 5G."

Babyboomer sind kritische Kunden

Auch eine gute Sprachqualität sowie die Verfügbarkeit von WiFi-Hotspots sind ihnen bei Mobilfunkangeboten wichtiger als dem Durchschnitt. Auf diese Bedürfnisse einzugehen, kann sich für die Anbieter durchaus lohnen, da die tendenziell recht zahlungskräftigen Babyboomer etwas weniger auf die Kosten achten als andere Altersgruppen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Babyboomer digitaler als ihr Ruf sind. Die aktuellen Marktforschungsergebnisse von Deloitte zeigen, dass die 55- bis 74-Jährigen neue technologische Entwicklungen durchaus annehmen. In den vergangenen zwei Jahren ist die Lücke zu jüngeren Altersgruppen in vielen Bereichen deutlich kleiner geworden. Dies gilt jedoch nicht pauschal, denn die Babyboomer sind eine anspruchsvolle Kundengruppe, die den Wert neuer Angebote kritisch hinterfragt.

Quelle: Deloitte (ots)

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