UN-Konvention: Das Recht auf Regelschule für behinderte Kinder gilt sofort
Archivmeldung vom 28.01.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBehinderte Kinder haben ab sofort das Recht, gemeinsam mit nicht behinderten Kindern eine allgemeine Schule zu besuchen. Nach der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) gilt dieser Anspruch für das einzelne Kind unabhängig von anders lautenden Schulgesetzen. Zudem müssen Bund und Länder zügig inklusive Bildung verwirklichen und dafür auch Qualitätsmaßstäbe festlegen.
Dies sind zwei wesentliche Ergebnisse des Rechtsgutachtens, das der führende deutsche Völkerrechtler Professor Dr. Eibe Riedel heute in Berlin bei einer Pressekonferenz vorgestellt hat. Dass die Kinder mit Behinderung immer noch vor verschlossenen Schultüren stehen, war für den Elternverband "Gemeinsam Leben, Gemeinsam lernen" der Grund, gemeinsam mit dem Sozialverband Deutschland (SoVD) die Rechtslage eingehend durch einen international renommierten Völkerrechtler untersuchen zu lassen.
"Die UN-Konvention gilt bereits seit dem vergangenen Frühjahr. Die Bundesländer haben nun zügig die Forderungen der UN-Konvention in ihren schulrechtlichen Gesetzen und Vorschriften umzusetzen", erklärte Riedel. Gefordert sei ein inklusives Schulsystem, so Riedel, der auch Mitglied des UN-Ausschusses für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte in Genf ist. Das bedeute die Aufnahme des Kindes mit Behinderung in die Regelschule, wobei die im Einzelfall notwendigen Vorkehrungen getroffen werden müssen.
Die Bundesländer lassen sich jedoch mit der Anpassung ihrer Schulgesetze Zeit. Im Gegenteil: Einige versuchen, die Konvention zu unterlaufen. Und dies obwohl Deutschland in der Schulbildung für behinderte Kinder hinterherhinkt: Mit einer Integrationsquote von 15,7 Prozent ist Deutschland Schlusslicht in Europa.
SoVD Präsident Adolf Bauer forderte deshalb: "Auch wenn die Konvention, die einen so umfassenden Umbau eines Schulsystems fordert, den Ländern eine gewisse Übergangsfrist für strukturelle Maßnahmen gibt, müssten spätestens binnen zwei Jahren nachhaltige Änderungen auf den Weg gebracht worden sein. Aus dem Gutachten geht klar hervor, dass es ein Verstoß gegen die Konvention wäre, wenn Bund und Länder nicht zielgerichtet und zeitnah Maßnahmen ergreifen, um inklusive Bildung zu verwirklichen." Zudem verbiete das Gutachten es den Ländern, sich auf leere Kassen zu berufen. Hier seien nötigenfalls Umschichtungen vorzunehmen, so Bauer.
"Eine Zuweisung zur Sonderschule gegen ihren erklärten Willen müssen Kinder und ihre Eltern auch schon jetzt nicht mehr dulden", auf diese Feststellungen des Gutachtens wies Camilla Dawletschin-Linder, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft "Gemeinsam leben - gemeinsam lernen" nachdrücklich hin. "Eltern haben nunmehr juristische Argumente zur Hand, wonach ihre Kinder Anspruch auf Zugang zur Allgemeinen Schule haben", so Dawletschin-Lindner.
Quelle: SoVD Sozialverband Deutschland