Gasanbieterwechsel?
Archivmeldung vom 01.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHeute müsste er beginnen, der lange angekündigte liberalisierte Gasmarkt in Deutschland. Doch der werbewirksam angekündigte Gasanbieterwechsel wird - wieder einmal - verschoben berichten die Energieexperten von www.verivox.de. Von einem funktionierenden Gasmarkt in Deutschland kann zumindest keine Rede sein.
Die lange Geschichte eines zu öffnenden Gasmarktes
Schon mit der Energierechtsnovelle von 1998 wurde Haushalskunden
die Möglichkeit eines Gasanbieterwechsels in Aussicht gestellt. Im
Mai 2003 trat die sogenannte Gasnovelle in Kraft, die verspätet die
Vorgaben der europäischen Gas-Richtlinie umsetzen sollte. Mitte
Februar 2006 hatte schließlich das Bundeskartellamt angekündigt, dass
private Gaskunden ab dem 1. April 2006 den Gasversorger wechseln
können. Doch auch dieses Datum wird ohne Folgen verstreichen.
Haushalskunden sehen sich nach wie vor mit dem Gasmonopol in
Deutschland konfrontiert. Von Wechselmöglichkeiten keine Spur.
Eigentlich wurde für die Öffnung des Gasmarktes der erste Oktober
2006 anvisiert. Die vorzeitige Marktöffnung zum 1. April basierte
nicht auf dem guten Willen der Gasversorger sondern einer
Vereinbarung zwischen dem Bundeskartellamt und mehreren
Gasversorgern. Die Anbieter E.ON, RWE, MITGAS, SpreeGas, ENTEGA und
ein Eigenbetrieb der Thüga AG verpflichteten sich Privatkunden zum 1.
April einen Anbieterwechsel zu ermöglichen. Im Gegenzug stellte das
Bundeskartellamt die aufgrund drastischer Preisanhebungen
eingeleiteten Missbrauchsverfahren gegen die Gasanbieter ein.
Als ob Dr. Ulf Böge, Präsident des Bundeskartellamts, es bereits
geahnt hätte, kommentierte er selbst die Vereinbarung mit den
Gasanbietern schon zurückhaltend: "Sicher gibt es mit dieser Lösung
noch keinen Anlass zur Euphorie." Deutlicher formuliert es der
Verivox Chefredakteur Thomas Stollberger: "Bei der Vereinbarung
handelt es sich um keine Lösung sondern um einen Kuhhandel." Da der
Kompromiss zwischen den Gasversorgern und dem Bundeskartellamt nicht
den versprochenen Wettbewerb bringt, ist darüber nachzudenken, ob das
Bundeskartellamt die Kartellverfahren gegen die Gasversorger wegen
missbräuchlich überhöhter Gaspreise nicht wieder aufnimmt.
Krücke "Beistellung"
"Die vorzeitig angekündigte Marktöffnung soll über das
Hilfsmittel 'Beistellung' laufen. Hierbei sollen Kunden
einenGasversorgungsvertrag mit einem neuen Anbieter abschließen, der
das Gas beim bisherigen Gasversorger kauft. Das Gas wird also nach
wie vor vom alten Anbieter bezogen und zum gleichen Preis wie bisher
an den Kunden geliefert" kritisiert Peter Reese, Leiter
Energiewirtschaft bei Verivox, den vereinbarten Ansatz.
Gasverbraucher, die nach möglichen Alternativen Ausschau halten,
suchen deshalb vergebens. Man könnte Kunden derzeit keine attraktiven
Preise anbieten, so der Tenor der Unternehmen. Vorerst möchte sich
deshalb kein einziger Anbieter ernsthaft auf dem Gasmarkt für
Haushaltskunden engagieren, verkündete der Bundesverband Neuer
Energieanbieter (BNE). "Das alles ist für neue Anbieter unheimlich
unattraktiv. Das sind Monopolangebote und kein Wettbewerb." so eine
Sprecherin des BNE.
Verivox selbst liegt ein Kundenschreiben an einen wechselwilligen
Gaskunden vor, in dem darauf hingewiesen wird, dass man den Kunden
zwar beliefern könne, aber nur zum gleichen Preis wie der lokale
Versorger. Für den Kunden würde sich lediglich der Briefkopf auf der
Gasrechnung ändern.
Was können Verbraucher tun?
Dass die Öffnung des Gasmarktes kommt, steht außer Zweifel. Wer
sich dafür interessiert, kann sich unter
http://www.verivox.de/gas/gasanbieterwechsel.asp kostenfrei
registrieren lassen. Verivox informiert unmittelbar und
unverbindlich, wenn ein Anbieterwechsel für den Kunden möglich wird.
So können sich Kunden zeitnah über passende Angebote informieren
lassen.
Schon jetzt können in einigen Fällen industrielle Großkunden den
Gasanbieter wechseln. Interessenten mit einem Jahresverbrauch von
über 3 GWh erhalten eine kostenlose Beratung, wenn Sie an
[email protected] schreiben.
Die Verbraucher können bei Gas-Preiserhöhungen auch weiterhin die
Zahlung verweigern oder unter Vorbehalt zahlen, wenn Sie sich auf
die "Unbilligkeit" der Preiserhöhung gemäß § 315 BGB berufen.
Weitere Informationen rund um Gas finden Verbraucher unter
http://www.verivox.de/gas/
Der Wettbewerb kommt, aber wann?
Der Vergleich der Gaspreise einiger Versorger unter
http://www.verivox.de/Gas-Preise.asp zeigt, wie sehr sich die
Gaspreise bundesweit unterscheiden: Zwischen den teuersten und den
billigsten Angeboten liegt das Ersparnis-Potential, das ein
funktionierender Wettbewerb den Verbrauchern bringen könnte: 200.-
EUR und mehr pro Jahr für einen Heizgaskunden.
Echter Wettbewerb auf dem Gasmarkt wird erst eintreten, wenn der Preis und die Modalitäten der Gas-Netznutzung für neue Anbieter feststehen. Beide Faktoren - Modus und Preis der Gas-Netznutzung - sind aber bislang ungeklärt. Am 31.01.2006 verkündete der Präsident der Bundesnetzagentur Matthias Kurth, der "Meilenstein für mehr Wettbewerb im Gasmarkt" sei nach langen Verhandlungen mit den Verbänden der Gasversorger erreicht und kündigte den "Gasnetzzugang nach neuen Prinzipien und Strukturen" zum Beginn des neuen Gaswirtschaftsjahres ab dem 01.10.2006 an. Details der neuen Regelungen wurden hingegen nicht genannt. So stehen gegenwärtig die Genehmigungen der Gas- Netznutzungsentgelte durch die Bundesnetzagentur ebenso aus, wie Details zur Netznutzung geklärt werden müssen. Ob ab dem 01.10.2006 ein funktionierender Wettbewerb zustande kommt, ist bislang offen.
Quelle: Pressemitteilung Verivox GmbH