Finanzämter machen verstärkt Jagd auf Vereine
Archivmeldung vom 23.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVereine sind in den letzten Wochen verstärkt in das Visier der Finanzämter geraten. Wie die Arbeitsgemeinschaft eingetragener Vereine (AGEV) am Donnerstag in München mitteilte, zeigen Rückmeldungen von Vereinen aus den Bundesländern deutlich, dass besonders das neue Formular für die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) zum Hebel der Finanzämter geworden ist.
Viele Vereine und die persönlich haftenden Vorstände
sind dadurch in ihrer Existenz bedroht und nur die wenigsten wissen,
dass sie die Risiken durch den Abschluß einem Schutzbriefes mindern
können.
Das erstmals für das Jahr 2005 erforderlich EÜR-Formular,
eigentlich zur Erleichterung der Steuererklärung angekündigt,
ermöglicht den Finanzverwaltungen die effektive Kontrolle der Vereine
und deren Geschäftsbetriebe. Außerdem wird verstärkt die steuerliche
Obergrenze von 40 Euro für Aufmerksamkeiten an Mitglieder
kontrolliert. Dies betrifft insbesondere die traditionellen
Weihnachtsfeiern. Die Finanzämter machen also ernst mit der
Ankündigung, durch scharfe Kontrollen den Etat des Jahres 2006 zu
entlasten.
Die meisten Vorstände der 594.277 Vereine in Deutschland wissen
nicht, dass nach einem Urteil des Bundesfinanzhofes ein ehrenamtlich
und unentgeltlich tätiger Vorsitzender für die Erfüllung der
steuerlichen Verbindlichkeiten des Vereins haftet. Laut Auskunft von
Experten muss der Vorstand gegebenenfalls sogar mit seinem
Privatvermögen für die Organisation einstehen, auch wenn die
Verwaltungsangelegenheiten beispielsweise von einem Steuerberater
erledigt wurden.
Bei der Beurteilung spielt es keine Rolle, ob es durch
Unwissenheit zu einem Fehler in der Abrechnung gekommen ist. Neben
der Haftung droht natürlich auch der Entzug der Gemeinnützigkeit.
Dies kann leicht zu einem finanziellen Desaster führen.
Schadenssummen von mehreren hunderttausend Euro sind keine
Seltenheit. Ein mehr als 130 Jahre alter Traditionsverein wurde nach
einer Steuerprüfung besonders von Veranstaltungen beispielsweise mit
einer Nachzahlung von 360.000 Euro und dem Entzug der
Gemeinnützigkeit konfrontiert. Er konnte nur durch Darlehen und die
Abtretung aller Zuschüsse gerettet werden.
Das Haftungsrisiko gilt
natürlich auch für nicht eingetragene Vereinigungen - beispielsweise
Clubs oder lose Interessenvertretungen - und natürlich auch für
angestellte Vorstände und Geschäftsführer.
Die Risiken lassen sich durch einen Schutzbrief für Vereine -
ähnlich dem Schutzbrief für Autofahrer - mindern. "Die meisten
Vereine und ihre Vorstände wissen jedoch nicht, dass es derartige
Möglichkeiten gibt. Sie vertrauen auf Rechtsschutz oder gehen davon
aus, dass das Vermögen eines Vereins zur Absicherung ausreiche. Dies
ist jedoch nicht der Fall", so ein AGEV-Sprecher. Die
Arbeitsgemeinschaft eingetragener Vereine (AGEV) berät Vorstände und
Organisationen in allen Fragen rund um den Verein. Im Internet gibt
es unter www.agev.info weitere Informationen über den
Vereins-Schutzbrief sowie Gerichtsurteile und Schadensbeispiele.
Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft eingetragener Vereine (AGEV)