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Wir sind Kirche: Papst doktert weiter nur an Missbrauchssymptomen herum

Archivmeldung vom 12.06.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.06.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Papst Benedikt XVI. Bild: Fabio Pozzebom
Papst Benedikt XVI. Bild: Fabio Pozzebom

Die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" hat die Papst-Erklärung zu den Missbrauchsfällen innerhalb der Kirche als verspätet und unzureichend kritisiert. "Die Bitte um Vergebung ist überfällig, aber sie reicht bei weitem nicht aus", sagte Sigrid Grabmeier vom Bundesteam der Kirchenvolksbewegung der "Leipziger Volkszeitung".

Offenbar sei im Vatikan weiterhin nicht die ganze Dimension des Missbrauchsskandal erkannt worden. "Der Papst will oder kann nicht einsehen, dass die Missbrauchsfälle sehr stark mit den totalitären Strukturen zu tun haben. Man sieht die Täter weiter nur als Einzelpersonen und will sie wie Unkraut ausrupfen", so Grabmeier. Es werde weiter nur an den Symptomen herumgedoktert, anstatt die überkommenen Strukturen zu hinterfragen. "Bisher wurde doch unter dem Motto gehandelt, es kann nicht sein, was nicht sein darf. Sexuelle Missbrauchsfälle wurden rasch unter das Kleid der Kirche gekehrt. Und nur weil ein starker Windstoß dieses Kleid hochgewirbelt hat und die Flecken sichtbar werden, bemüht man sich nun diese Flecken rasch zu entfernen." Dies reiche aber nicht, um künftig Missbrauchsfälle zu verhindern.

Wir sind Kirche sieht in Benedikts Verteidigung des Priestertums die eigentliche Motivation der Ansprache. "Es klingt wie eine Hilferuf, dass die Grundfeste des Priestertums in Wanken geraten", sagt Grabmeier. Es sei bedauerlich, dass das Besondere des Priestertums so herausgehoben wird. "Im zweiten Vatikanum wurde eher das allgemeine Priesterum aller Gläubigen betont. Da fällt man leider wieder dahinter zurück." Grabmeier regte daher an, nach dem Priesterjahr nun stärker das Kirchenvolk in den Blickpunkt zu stellen. "Es wäre für die Kirche hilfreich, wenn auf das schändliche Jahr des Priestertums nun eine Dekade des Kirchenvolkes folgen würde", so Grabmeier.

Quelle: Leipziger Volkszeitung

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