Autor Tomi Ungerer: "Man muss Kinder traumatisieren"
Archivmeldung vom 19.11.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer französische Autor und Kinderbuch-Illustrator Tomi Ungerer hält Angst für ein wichtiges Gefühl im Leben von Kindern. "Ohne Angst kein Mut", sagte Ungerer im Interview mit der "Welt am Sonntag", wenige Tage vor seinem 80. Geburtstag. "Man muss die Kinder traumatisieren, um ihnen eine Identität zu geben." Er selbst sei als Kind mit Geschichten wie dem "Struwwelpeter" oder "Max und Moritz" aufgewachsen. "Viele dieser Geschichten haben mir Angst gemacht, meine Geschichten sind da nicht anders. Denn man muss lernen, seine Ängste zu überwinden", sagte der Vater von vier Kindern.
Bei der Erziehung seiner eigenen Kinder wurde Ungerer selbst auch hin und wieder laut oder verteilte "ab und zu mal einen Klaps". "Kinder die nicht angeschrien werden - was sollen sie im Leben tun, wenn einmal ein Typ auf sie zukommt und losschreit? So sind sie vorbereitet."
Ungerer wuchs unter den Nationalsozialisten im Elsass auf. Über diese Zeit sagt er: "Ich bin Pazifist, durch den Krieg war ich es schon in jungen Jahren. Hätte ich die Nazigehirnwäsche nicht gehabt und nicht realisiert, wie falsch das war, hätte ich nicht mein ganzes Leben so gegen die Gewalt, den Rassismus und Ungerechtigkeit gekämpft."
In dem Interview spricht Ungerer außerdem von seiner Freundschaft mit dem US-Schriftsteller Philip Roth: "Wir haben zusammengelebt, ganz am Anfang in Amerika. Ich habe ihm einem Fanbrief geschrieben, und dann haben wir uns getroffen. Er wollte ein Buch schreiben, ich auch, so haben wir zusammen ein Haus auf Long Island gemietet. Im Winter. Er hatte sein Zimmer, ich meines. Wir sind zusammen essen gegangen und haben uns totgelacht. Jetzt bin ich wieder in Kontakt mit ihm."
Quelle: dts Nachrichtenagentur