Mitunterzeichner des Atomausstiegs relativiert Bedeutung seiner Unterschrift
Archivmeldung vom 09.07.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEiner der vier Konzernschefs, die am 11.6. 2001 im Kanzleramt zusammen mit Kanzler Gerhard Schröder den Atomkonsens unterzeichneten, Ex-EnBW-Chef Gerhard Goll, hat die Bedeutung seiner Unterschrift relativiert. Schon damals sei "allen Beteiligten" klar gewesen, "dass noch in diesem Jahrzehnt eine Situation wie die jetzige eintreten und eine Revision notwendig werden würde", sagte Goll der "Saarbrücker Zeitung" (Donnerstagausgabe).
Er glaube auch nicht, "dass diejenigen, die mit uns verhandelt haben", den Vertrag als endgültigen Ausstieg verstanden hätten. "Uns war klar, dass dies keine Ewigkeitsvereinbarung sein kann." Die Umsetzung der Vereinbarung zwei Jahre später durch die rotgrüne Koalition im Atomgesetz sei eine "politische Dummheit" gewesen. "Man sollte mit Gesetzen vorsichtiger sein und nicht Gesetze machen, die eine relativ kurze Verfallszeit haben." Zum Motiv für seine Unterschrift sagte Goll, es sei damals darum gegangen, "endlich mal eine Phase der Ruhe in dieses Thema zu bringen". Goll, der heute an einer Karlsruher Hochschule lehrt, wies auf die Auseinandersetzungen um die Castortransporte hin, die "jedes Mal die ganze Gesellschaft aufgewühlt" hätten. Auch habe sich die Energiebranche "in einer Notsituation" befunden, weil Umweltminister Trittin mit dem Verbot der Transporte nach Frankreich gedroht habe und es keine standortnahen Zwischenlager gab. Goll räumte ein, dass die Energiewirtschaft als Gegenleistung für den Atomausstieg die Genehmigung für Zwischenlager und die Zusage für einen gesicherten Betrieb bekommen habe. Jedoch könne keine andere Art der Energieerzeugung auf absehbare Zeit die notwendige Grundlast liefern. Daher müsse man als ersten Schritt über längere Laufzeiten reden "und dann über weitere Schritte nachdenken", sagte Goll auf die Frage nach dem Neubau von Kernkraftwerken. Er stehe zu seiner damaligen Unterschrift, "auch deshalb, weil ich glaube, dass aufgrund der Ruhe, die wir dadurch erzielt haben, heute emotionsloser mit diesem Thema umgegangen werden kann".
Quelle: Saarbrücker Zeitung