Verfahren gegen Attac-Aktivisten wegen Börsenaktion eingestellt
Archivmeldung vom 18.12.2009
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.12.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie beiden Attac-Aktivisten Jutta Sundermann und Roland Süß, die am 27. Oktober des vergangenen Jahres ein Transparent mit der Aufschrift "Finanzmärkte entwaffnen ? Mensch und Umwelt vor Shareholder Value!" über die DAX-Anzeigentafel in der Frankfurter Börse gehängt hatten, haben am gestrigen Donnerstag vor dem Frankfurter Amtsgericht einen Erfolg errungen.
Eine Sachbeschädigung lag laut Richter und Staatsanwältin nicht vor. Das Verfahren wegen Hausfriedensbruchs stellte der Richter wegen Geringfügigkeit gegen Zahlung von 100 Euro pro Person ein. Die Kosten für das Verfahren trägt der Staat.
"Der Verlauf und Ausgang der Verhandlung deuten darauf hin, dass der Richter unsere Argumente für berechtigt hielt: Verurteilt gehören nicht diejenigen, die dafür streiten, die Finanzmärkte endlich an die Kandare zu nehmen, sondern die Politiker, Bankmanager und Kursjongleure, die die Finanzkrise sehenden Auges verursacht haben", sagte Jutta Sundermann.
Während der Verhandlung hatten die Angeklagten die Möglichkeit, ausführlich ihre Kritik an den verheerenden Folgen unregulierter Finanzmärkte darzulegen sowie zwei Filme über den Verlauf der Aktion und die Tatenlosigkeit der Politik angesichts der anhaltenden hoch riskanten Spekulation an der Börse zeigen.
Wie aktuell die Forderung nach Entwaffnung der Finanzmärkte nach wie vor ist, zeigt laut den Attac-Aktivisten das Börsengeschehen am gestrigen Mittwoch: Nachdem bekannt wurde, dass der Baseler Ausschuss für die Bankenaufsicht die geforderte Eigenkapitalerhöhung der Banken um Jahre verschieben will, erreichte der DAX in Frankfurt ein neues Jahreshoch. "Da applaudiert die Börse und die Kurse steigen. Es macht mich fassungslos, wie die Finanzlobby die Politik wieder im Griff hat. Wir können uns offensichtlich in den nächsten Jahren eher eine weitere Krise leisten, als den Finanzmärkten vernünftige Regeln vorzuschreiben", sagte Roland Süß. "Das macht deutlich, dass wir weiter für eine Entwaffnung der Finanzmärkte streiten müssen ? auch mit den Mitteln zivilen Ungehorsams."
Zu geringes Eigenkapital der Banken gehört zu den Hauptursachen der globalen Finanzkrise. Strengere Eigenkapitalvorschriften sind notwendig, um die Risikobereitschaft der Banken zügeln und damit Spekulation eindämmen. Dennoch beschränken sich die verantwortlichen Politiker weitgehend auf Lippenbekenntnisse. So sollen bei der Commerzbank sogar die Einlagen des Staates, mit denen die marode Bank vor dem Bankrott gerettet wurde, als Eigenkapital angerechnet werden.
Roland Süß: "Die Finanzkrise und die aus ihr resultierende globale Wirtschaftskrise bedroht Millionen von Menschen weltweit in ihrer Existenz. Viele von ihnen bezahlen für die gigantischen Profite einiger weniger sogar mit ihrem Leben. Dennoch sind weder die Regierungen noch die Banken bereit, aus den Fehlern zu lernen. Stattdessen bereiten sie die nächste Krise vor."
Mit einem großen Bankentribunal vom 9. bis 11. April in der Volksbühne in Berlin wird das globalisierungskritische Netzwerk Attac daher selbst den Verantwortlichen für den Ausbruch der Krise, den unsozialen Umgang mit ihren Folgen und die Vorbereitung der nächsten Krise den Prozess machen.
Quelle: Attac Ddeutschland