Patientenschützerin verurteilt
Archivmeldung vom 22.03.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.03.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Michael DahlkeDie Patientenpräsidentin Margrit Kessler wird wegen mehrfacher übler Nachrede, falscher Anschuldigung und falschem Zeugnis zu einer zehnmonatigen bedingten Gefängnisstrafe verurteilt.
Zudem hat die Präsidentin der Schweizerischen Patientenorganisation (SPO) dem Kläger und Chefarzt der Klinik für Chirurgie am Kantonsspital St. Gallen, Jochen Lange, Schadenersatz von rund 30 000 Franken und Genugtuung von 40 000 Franken zu zahlen.
Nebst der Übernahme der Gerichtskosten von 27 000 Franken hat die Verurteilte die Verteidigungskosten von Jochen Lange von rund 90 000 Franken zu begleichen, wie Gerichtsschreiber Pius Gebert erklärte. Wegen Verjährung freigesprochen wurde Kessler von der Anklage der Ehrverletzung.
Der Staatsanwaltschaft gefolgt
Das Kreisgericht St. Gallen folgte mit seinem Urteil grossmehrheitlich der Staatsanwaltschaft. Es habe keine Anhaltspunkte gefunden, die die Behauptungen von Margrit Kessler stützten, Lange hätte in einer gewissen Zeit keine künstliche Darmausgänge zu Forschungszwecken angelegt.
Bei seiner Strafbemessung habe es berücksichtigt, dass Margrit Kessler mit ihren Anschuldigungen bewusst eine grosse Öffentlichkeit gesucht und so der «Fall Lange» eine sehr grosse Publizität erfahren habe, schreibt das Kreisgericht.
Die ohne sachlichen Grund erhobenen Anschuldigungen hätten Lange wie seine Familie schwer getroffen. Zudem seien unbeteiligte Dritte am Kantonsspital St. Gallen in diesen Konflikt hineingezogen worden, heisst es weiter.
Berufung angekündigt
Mit diesem Urteil sei der Eindruck verstärkt worden, Lange habe einen Teil der Justizbehörden des Kantons St. Gallen für seine Zwecke instrumentalisiert, schreibt Kesslers Verteidiger in einer Stellungnahme. Seine Mandantin werde gegen das Urteil Berufung einlegen.
Dem Urteil und der Verhandlung ging ein jahrelanger Streit zwischen der Präsidentin der Schweizerischen Patientenorganisation (SPO) und dem Chefarzt voraus. Der deutsche Professor hatte sich von Margrit Kessler in seiner Ehre verletzt gefühlt und Anzeige erstattet.
Kessler warf Lange nebst der Forschung an Patienten auch eine Behandlung einer Patientin mit Methylenblau vor. Ein weiterer Vorwurf war: Lange soll 1999 an einem Tag dreizehn Operationen durchgeführt haben, was unmöglich sei.