Björn Steiger Stiftung trauert um ihre Stiftungsgründerin Ute Steiger
Archivmeldung vom 02.03.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićIm Namen der Familie Steiger gibt die Björn Steiger Stiftung bekannt, dass Ute Steiger, Wegbereiterin des modernen Rettungswesens, am 28. Februar 2022 im Alter von 88 Jahren in Winnenden verstorben ist.
Die Björn Steiger Stiftung betrauert den Verlust ihrer Gründerin, die in der Nacht vom vergangenen Sonntag auf Montag zu Hause friedlich für immer eingeschlafen ist", sagt Prof. Dr. Jürgen Gramke, Vorsitzender des Präsidialrats der Björn Steiger Stiftung. "Mit Dankbarkeit und großem Respekt blicken wir auf ihre große Lebensleistung als Mitbegründerin unserer Stiftung zurück. Sie hat viel von dem, was im deutschen Rettungsdienst heute selbstverständlich ist, mit angestoßen und vorangetrieben. Nach einem erfüllten Leben verliert die Stiftung mit dem Tod von Ute Steiger eine engagierte Persönlichkeit, die ein hohes Ansehen genoss und die unsere Stiftungsgeschichte von Anfang an maßgeblich mitgeprägt und intensiv begleitet hat. Es ist für uns alle ein großer Verlust. Wir werden sie vermissen."
Gemeinsam mit ihrem Mann, Dr. h. c. Siegfried Steiger, brachte Ute Steiger ein modernes Rettungswesen und eine bessere Notfallhilfe in Deutschland und in anderen Staaten auf den Weg. Zu ihren Verdiensten gehören unter anderem der Aufbau der Notruftelefone an Bundes- und Landstraßen 1971, der Aufbau der Luftrettung und die Gründung der DRF Luftrettung im Jahre 1972, die bundesweite Einführung der Notrufnummern 110/112 im Jahr 1973, die Entwicklung und Finanzierung des Baby-Notarztwagens 1974 sowie der Kampf gegen den Herztod durch die Massenverbreitung von Laien-Defibrillatoren seit 2001. Sie war darüber hinaus auf verschiedene Weise an zahlreichen weiteren Stiftungsprojekten beteiligt.
Ute Steiger, geborene Badstübner, wurde am 2. August 1933 in Rodewisch im Vogtland geboren. 1950 lernte die ausgebildete Modistin ihren späteren Ehemann Siegfried Steiger kennen. Nachdem Siegfried Steiger 1952 aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland geflohen war, folgte sie ihm kurze Zeit später. 1953 heiratete das Paar in Stuttgart, 1955 bauten sie zusammen ein Architektenbüro in Winnenden bei Stuttgart auf. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor.
1969 wurden die Familie Steiger mit einem denkbar schweren Schicksalsschlag konfrontiert: Ihr ältester Sohn Björn wurde am 3. Mai, eine Woche vor seinem neunten Geburtstag, in Winnenden auf dem Heimweg vom Schwimmbad von einem Auto erfasst. Es dauerte fast eine Stunde, bis der Krankenwagen eintraf. Björn starb auf dem Weg ins Krankenhaus nicht an seinen Verletzungen, sondern am Schock. Am 7. Juli 1969 gründete das Ehepaar Steiger daraufhin die Björn Steiger Stiftung mit dem Ziel, das damals unzulängliche Rettungswesen in Deutschland zu verbessern. "Da man ihren Sohn nicht retten konnte, fassten die beiden den Entschluss, so viel andere Leben wie möglich zu retten", sagt Pierre-Enric Steiger, Präsident der Björn Steiger Stiftung. "Dies wurde zu ihrer Mission, die sie ihr ganzes Leben lang verfolgten." So wurde die Björn Steiger Stiftung zum Motor und Schrittmacher des modernen Rettungswesens in Deutschland.
Das Ehepaar Steiger forderte die Politik immer wieder zum Handeln auf, brachte Verbesserungsideen vor und setzte neben Spenden auch eigene finanzielle Mittel ein. Als beispielsweise im Jahr 1972 die Luftrettung mit Helikoptern in Deutschland finanziell vor dem Scheitern stand, verpfändete das Ehepaar Steiger das eigene Wohnhaus, um die Finanzierung von Rettungshubschraubern zu sichern. Auch der erste gesamtdeutsche Luftrettungseinsatz zwischen der Bundesrepublik und der DDR sowie der Aufbau der Luftrettung in Luxemburg und weiteren Staaten gehen maßgeblich auf das Engagement des Ehepaars Steiger zurück. Das in den 70er-Jahren von den beiden initiierte "Rettungsmodell Rems-Murr" - eine erstmals eigenständig erhobene, vollständige und wissenschaftliche Personal- und Material-Planung für einen finanzierbaren Rettungsdienst - wurde zum Muster für den bundesweiten Auf- und Ausbau einer Notfallhilfe, wie wir sie heute kennen.
Siegfried Steiger war stets mit Forderungen und Initiativen der Stiftung in der Öffentlichkeit sichtbar. Ohne die Unterstützung, Produktivität und den Teamgeist seiner Frau Ute wäre diese Präsenz nicht möglich gewesen. "Meine Mutter Ute war das organisatorische Rückgrat der Stiftung und baute wichtige diplomatische Brücken zwischen Politik und Verbänden, um die Modernisierung der Notfallhilfe auch auf der persönlichen Ebene voranzubringen. Ohne ihren Charme und ihre Beharrlichkeit hätte es viele Erfolge nicht gegeben", betont Pierre-Enric Steiger. Unvergessen bleibt die Klage der Steigers gegen die Bundesregierung beim Kampf um die Einführung der bundesweiten Notrufnummern 110/112 im Jahr 1973. Damals verfasste Ute Steiger, im Zeitalter der manuellen Schreibmaschinen, rund 6.000 Briefe an Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker, um den dafür erforderlichen politischen Druck aufzubauen.
Für ihre Verdienste zur Verbesserung der Notfallhilfe hat Ute Steiger national und international Anerkennung erhalten. So wurde sie 1974 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet, 1982 folgte die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg. 2001 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse zugesprochen, ein Jahr später folgte die Verleihung des Verdienstordens des Freistaates Sachsen. 2009 wurde das Ehepaar Steiger in Brüssel mit dem "EU-Outstanding Citizen Award" für die flächendeckende Einführung der Notrufnummer 112 geehrt und 2018 zu Ehrenbürgern der Stadt Winnenden ernannt.
Die Björn Steiger Stiftung hat sich bis heute dem Ziel verschrieben, die Notfallhilfe weiter zu entwickeln: Massenverbreitung von Laien-Defibrillatoren, Alarmierung von qualifizierten Ersthelfern per App, Schulungen in Sachen Wiederbelebung, Sensibilisierung von Kindern und Jugendlichen für den Notfall und sicherer Transport von Frühgeborenen - all dies gehört bis heute zu den aktuellen Projekten der Stiftung. "Wir führen das Lebenswerk und die Mission meiner Mutter und meines Vaters fort", sagt Pierre-Enric Steiger.
Quelle: Björn Steiger Stiftung (ots)