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Deutscher Islamrechtler: Politiker Barfuß hat unglückliche Worte gewählt - aber die Scharia ist in Deutschland Realität

Archivmeldung vom 31.10.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.10.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Im Streit um Forderungen nach Respekt für die islamische Rechtsordnung Scharia bekommt der designierte bayerische Integrationsbeauftragte Georg Barfuß (FDP) Unterstützung durch einen der führenden deutschen Islamrechtler.

"Die Scharia ist im deutschen Recht Realität - und zwar seit über hundert Jahren", sagte der Erlanger Rechtswissenschaftler und Experte für Rechtsvergleichung Mathias Rohe dem Tagesspiegel (Freitagsausgabe). "Wenn ein Muslim nach der Scharia betet und fastet, übt er geltendes Verfassungsrecht aus", sagte Rohe weiter. Denn dies schütze die Ausübung seiner Religion. Seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs würden Regeln der Scharia vor Gericht beachtet. Wollten etwa zwei Jordanier in Deutschland heiraten, so sei das Scharia-geprägte jordanische Recht maßgeblich.

Auch in die Gesetzgebung sei die Scharia eingeflossen, etwa ins Sozialgesetzbuch. Ein Muslim könne Rentenanwartschaften auf bis zu vier Ehefrauen verteilen, damit werde die für deutsche Heiratswillige verbotene Polygamie für Muslime offiziell gebilligt. Barfuß habe "unglückliche Worte gewählt", so Rohe, "aber in der Sache hat er Recht".

Zugleich machte der Rechtswissenschaftler deutlich, dass Scharia-Regeln nur so lange akzeptierbar seien, wie sie mit deutschem Recht vereinbar sind. "Nachteile für Frauen, wie sie im Sorgerecht oder im Erbrecht zur Scharia gehören, können wir nicht hinnehmen", sagte er, Gewalt und Köperstrafen seien ohnedies nicht akzeptabel. "Aber ich kenne keinen Muslimen in Deutschland, der dies fordert", sagte der Jurist. Rohe sprach sich auch dagegen aus, ein Scharia-orientiertes Schiedswesen für private Konflikte wie in Großbritannien zuzulassen. "Familiensachen sind keine Privatsachen" sagte er. Es gebe ein öffentliches Interesse daran, Fragen von Trennung, Unterhalt und Sorgerecht im Sinne eines gesellschaftlichen Konsenses zu lösen.

Quelle: Der Tagesspiegel

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