Experten warnen vor Studienkrediten privater Anbieter

Bild: Eigenes Werk /OTT
Immer mehr Berufsanfänger geraten in finanzielle Bedrängnis wegen privater Studienkredite. Der Hamburger Rechtsanwalt Achim Tiffe warnt vor solchen Angeboten. "Häufig werden Studierende am Campus oder im Internet von den Anbietern überrumpelt, und sie unterschreiben Verträge, die sich nachher als Zwangsjacke herausstellen", sagte er dem "Spiegel".
Inzwischen seien mehr als 60 Fälle bei ihm aufgelaufen. Einen Großteil der Vertragskonditionen hält Tiffe für "sittenwidrig". Zinsen seien überhöht, Vertragslaufzeiten sehr lang.
Auch Gerichte kamen bereits zu dem Urteil, es handele sich um ein "sittenwidriges, wucherähnliches Geschäft". Das Landgericht Aachen gab bereits 2016 einem Ex-Studenten recht: Dessen Kreditanbieter habe nicht ausreichend informiert, welche Zinsen insgesamt fällig würden.
Der Staat unterstützt Studierende notfalls mit Bafög-Zahlungen oder einem Studienkredit der KfW. Doch die Zinsen bei der Förderbank waren zwischenzeitlich auf neun Prozent gestiegen, was das Angebot unattraktiv machte. Studierende suchen daher nach privaten Anbietern. Vor 2013 schlossen die beiden größten Anbieter zusammen nur wenige Hundert Verträge pro Jahr ab, im Jahr 2023 waren es rund 1.900 Neuverträge, schreibt das Magazin.
"Weil staatliche Angebote zur Studienfinanzierung derzeit nicht angemessen und attraktiv gestaltet sind, greifen Studenten vermehrt auf private Bildungsfonds zurück", sagte Ulrich Müller, Experte für Studienkredite am Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). Eine Betroffene, über die der "Spiegel" berichtet, griff vor einigen Jahren zu einem Studienkredit eines privaten Anbieters, um ihr Studium an der privaten Internationalen Hochschule in Bad Honnef zu finanzieren.
Da die Rückzahlungen auch an die Lohnhöhe gekoppelt seien, habe sie zuletzt 577 Euro monatlich an das Unternehmen zurückgezahlt, was 9,5 Prozent ihres Bruttolohns entspreche. Insgesamt habe der Kredit eine Laufzeit von zehn Jahren. In diesem Zeitraum müsse die Betroffene mehr als das Doppelte der Summe zurückzahlen, die sie aufgenommen habe. Das würde einem jährlichen Zins von knapp 13 Prozent jährlich entsprechen.
Bei der Internationalen Hochschule bedauert man es, dass die Konditionen für die Studierenden "möglicherweise den zulässigen Bereich überschreiten und ihnen dadurch finanzielle Nachteile entstanden sind". Die Hochschule werde daher die Zusammenarbeit mit dem Anbieter einer umfassenden Prüfung unterziehen, Finanzierungsmöglichkeiten des Anbieters würden nicht mehr aktiv auf den Plattformen und Kanälen der Hochschule beworben.
Das Unternehmen selbst verweist darauf, dass das OLG Stuttgart festgestellt habe, dass eine etwaige Sittenwidrigkeit nicht aus einem Vergleich mit marktüblichen Zinsen abgeleitet werden könne. Studierende ohne laufendes Einkommen hätten einen herkömmlichen Konsumentenkredit womöglich gar nicht bekommen. Die Gesamtsumme der Abschlagszahlungen habe man in neueren Verträgen immer auf das Doppelte der Fördersumme gedeckelt, unter Berücksichtigung der Inflation, heißt es. In Altverträgen habe man das "in der Praxis" auch so gehandhabt.
Quelle: dts Nachrichtenagentur