Erzbischof Becker zum Missbrauch: Ich schäme mich, dass solche Verbrechen bagatellisiert und Opfer nicht ernst genommen worden sind
Archivmeldung vom 24.12.2018
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Freigeschaltet durch André OttHans-Josef Becker, Erzbischof des Erzbistums Paderborn, mahnt im Interview mit dem Bielefelder "Westfalen-Blatt" (Montagsausgabe): »Wir dürfen unseren Glauben nicht billig machen. Ich denke, dass es einen hohen Anspruch an uns Christen gibt, Theologie zur Sprache zu bringen. Nicht abgehoben akademisch, sondern eindeutig, ehrlich und einladend.«
Mit Blick auf die Studie zum Missbrauchsskandal, die die katholische Kirche in diesem Jahr erschüttert hat, erklärt der Erzbischof: »Meine Traurigkeit und meine Enttäuschung sind unendlich groß. Für die Kirche, der ich mich verschrieben habe, schäme ich mich, dass solche Verbrechen bagatellisiert und Opfer nicht ernst genommen worden sind. Man hat versucht, als Institution möglichst unbeschadet aus der Sache herauszukommen. Es tut mir in der Seele weh, dass so viel Unheil und so viel Schaden verursacht worden sind.«
Er teile die Einschätzung des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), wonach die Aufarbeitung des Skandals zur Nagelprobe für das Ringen der katholischen Kirche um neue Glaubwürdigkeit werde.
In der Kirche stehe das Flüchtlingsthema unvermindert im Blickpunkt. Die Gemeinden seien an den Herausforderungen der vergangenen drei Jahre gewachsen. Noch immer sei die Hilfsbereitschaft für die Flüchtlinge vielerorts groß. »Vor diesem Engagement und Durchhaltevermögen ziehe ich den Hut«, lobt der Erzbischof.
Unübersehbar sei, dass die Polarisierung in der Gesellschaft zugenommen hat, sagte Becker. Es sei legitim, wenn die Einheimischen sich fragen würden, »unter welchen Bedingungen ihre Kinder und Enkel in diesem Land und in Europa leben können«.
Das aber dürfe nicht dazu führen, dass mit der Angst der Menschen gespielt werde, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Hier seien alle staatlichen Institutionen gefordert, »effiziente und unserem christlichen Menschenbild entsprechende Lösungen zu finden«.
Quelle: Westfalen-Blatt (ots)