MP Böhmer warnt bei DDR-Aufarbeitung vor Hochmut westlicher Geburt
Archivmeldung vom 25.11.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer hat "vor der Hochmut der westlichen Geburt" bei der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit im Zusammenhang mit den jüngsten Berichten über seinen sächsischen Amtskollegen Stanislaw Tillich (ebenfalls CDU) gewarnt.
In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" (Dienstag-Ausgabe) meinte Böhmer: "Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass es nach der Gnade der späten Geburt auch den Hochmut der westlichen Geburt gibt. Das wird die Aufarbeitung der Vergangenheit in DDR-Biografien nicht gerade erleichtern."
"Nischenkarrieren" vieler heutiger Spitzenpolitiker, die zu DDR-Zeiten in Blockparteien waren, seien "weder ein Grund, stolz zu sein noch ein Grund, sich schamhaft wegzuducken", meinte Böhmer. "Das war ein Teil der Wirklichkeit. Und viele, auch ich, konnten in der DDR nur einigermaßen aufrecht überleben, wenn sie eine Nische für sich gefunden hatten. Viele waren in der CDU, um nicht in die SED genötigt zu werden."
Das, was mit Herrn Tillich jetzt in Verbindung gebracht werde, sei seiner Ansicht nach "kein Grund, es zu verschweigen". Und es sei "auch kein Grund, es bei jeder Gelegenheit vor sich herzutragen", meinte Böhmer. "Das war offenbar eine selbstverständliche Qualifizierungsmaßnahme, die man in bestimmten Funktionen durchmachen musste. Und auch Herr Tillich hat bewiesen, dass ihm das nicht geschadet hat."
Zum generellen Umgang von heutigen CDU-Politikern mit ihrer vergangenen Mitgliedschaft in der DDR-CDU sagte Böhmer, "so bin ich dafür, dass das die Betroffenen untereinander sachlich aufarbeiten sollten, um keinen Anlass zu unnötigem politischen Voyeurismus in der Öffentlichkeit zu geben".
Quelle: Leipziger Volkszeitung