Pater Klaus Mertes: Die Kirche leidet an Homophobie, Homosexualität wird verschwiegen
Archivmeldung vom 30.01.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach den bekanntgewordenen sexuellen Missbrauchsfällen am Berliner Canisius-Kolleg, hat der Rektor der katholischen Privatschule seine Kirche scharf kritisiert. Jesuit Pater Klaus Mertes sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag": "Die Kirche leidet an Homophobie. Homosexualität wird verschwiegen. Kleriker mit dieser Neigung sind unsicher, ob sie bei einem ehrlichen Umgang mit ihrer Sexualität noch akzeptiert werden."
Mertes bemängelte zudem, dass sich die kirchlichen Lehren zur Sexualität derart weit vom realen Alltag und den Fragestellungen junger Menschen entfernt habe, dass zwischen der Kirche und der jungen Generation Sprachlosigkeit herrsche. Obwohl die bekannt gewordenen Missbräuche weit zurückliegen, sei die Gefahr erneuter Übergriffe niemals auszuschließen, sagte Mertes. Deshalb müsse man jetzt an den katholischen Privatschulen vorbehaltlos prüfen, welche Unzulänglichkeiten Übergriffe begünstigen könnten. Dazu gehörten Mängel der kirchlichen Sexualpädagogik, unzureichende Beschwerdemöglichkeiten für die Schüler oder ein "zu autoritäres Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern".
Der Beauftragte der Bischofskonferenz bei der Bundesregierung, Prälat Karl Jüsten, lobt im "Tagesspiegel am Sonntag" Mertes ausdrücklich dafür, dass er einen anderen Weg geht, "dass er sich offensiv um Aufklärung der Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg bemüht und sogar riskiert, den Ruf des Gymnasiums zu beschädigen".
Quelle: Der Tagesspiegel