"Spiegel": Ermittler waren NSU-Terroristen dichter auf der Spur als bislang bekannt
Archivmeldung vom 14.04.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBayerische Ermittler sind den Terroristen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) offenbar dichter auf der Spur gewesen als bislang bekannt. Wie laut dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" aus einem vertraulichen Bericht der Sonderkommission "Bosporus" hervorgeht, war den Fahndern bereits früh ein außergewöhnliches Muster im Verhalten der Täter aufgefallen: In vier von neun Mordfällen der sogenannten Ceska-Serie hatten Zeugen jeweils zwei Männer auf Fahrrädern beobachtet, die sich in Tatortnähe aufhielten. Die detaillierten Personenbeschreibungen passen teilweise exakt auf die NSU-Mitglieder Uwe B. und Uwe M., die im November nach einem Banküberfall in Eisenach erschossen gefunden wurden.
Das verdächtige Radfahrer-Duo war dem Ermittlungsbericht zufolge zuerst im September 2000 gesichtet worden, als in Nürnberg ein türkischer Blumenhändler ermordet wurde. Dann tauchte es 2001 (München), 2005 (Nürnberg) und 2006 (Dortmund) an Tatorten auf. Überdies hatte die bayerische Polizei eine mögliche Verbindung der Mordserie mit einem Sprengstoffanschlag des NSU in Köln untersucht, bei dem im Juni 2004 22 Menschen teils lebensgefährlich verletzt wurden: Auch hier waren zwei Männer mit Mountainbikes gesehen - und von einer Videokamera gefilmt worden. Die Ermittler zeigten einer Zeugin des dritten Nürnberger Mordes die Aufnahmen: Die Frau erkannte Ähnlichkeiten zwischen den Radfahrern. In ihrem Bericht fasste die Soko "Bosporus" im Mai 2008 zusammen: "Aufgrund der Opferauswahl (Türken)" und "der Verwendung von Fahrrädern" könne "ein Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden". Sogar im Fall der 2007 in Heilbronn ermordeten Polizistin Michèle K. gab es Hinweise auf verdächtige Radler: Gleisarbeiter der Bahn hatten damals zwei Mountainbike-Fahrer beobachtet, die in unmittelbarer Nähe des Tatorts miteinander diskutierten. Wenig später seien Schüsse gefallen. Warum der Radfahrer-Spur letztlich keine größere Bedeutung beigemessen wurde, ist unklar.
Ein weiteres potentielles Opfer des braunen Terrorkommandos war offenbar der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl. Durch einen Anruf des Bundeskriminalamts erfuhr der Bundestagsabgeordnete nach dem Tod der Terroristen, dass M. und B. ihn offenbar bereits ausgespäht hatten. "Sehr gute Lage, Zugang im Garten", hatten sie auf einer Liste notiert. Uhls Wahlkreisbüro gehört zu einer Reihe von Adressen von Prominenten, Vereinen und Politikern, die Ermittler am Wohnsitz der Terrortruppe in der Zwickauer Frühlingsstraße fanden und die sie für eine mögliche Todesliste halten.
Quelle: dts Nachrichtenagentur