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Finanzierungsmodell für künstliche Befruchtung

Archivmeldung vom 16.03.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.03.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) facht die Diskussion über eine stärkere finanzielle Förderung von Kinderwunschbehandlungen durch einen konkreten Finanzierungsvorschlag an.

Von der Leyen erklärt in einem Interview mit "Report Mainz": "Ich möchte zunächst einmal, dass die Paare mehr Versuche frei haben, also ein vierter Versuch auch möglich ist, mit einer deutlichen Reduzierung der Selbstbeteiligung, so wie das Sächsische Modell es heute schon vorlebt. Aber damit das bundesweit möglich ist, bin ich der Meinung, der Bund sollte da auch einsteigen." Auf die Nachfrage von "Report Mainz", ob sich das Familienministerium finanziell mit engagieren wolle, erklärt von der Leyen: "Ich werde mich als Familienministerin in den Verhandlungen im Haushalt dafür einsetzten, dass diese Mittel auch freigesetzt werden."

Seit dem 1. März unterstützt der Freistaat Sachsen Kinderwunschpaare durch einen steuerfinanzierten Zuschuss. Für die zweite und dritte Kinderwunschbehandlung erhalten Paare bis zu 900 Euro. Die vierte Behandlung, die von der Krankenkasse gar nicht bezuschusst wird, finanziert Sachsen mit maximal 1800 Euro. Ursula von der Leyen erklärt gegenüber "Report Mainz", sie wolle angelehnt an das Sächsische Modell, dass sich Bund und Länder den steuerfinanzierten Zuschuss teilen. Das hieße, für die zweite und dritte Behandlung bekämen die Paare jeweils maximal 450 Euro vom Land und 450 vom Bund. Bei der vierten Behandlung jeweils 900 vom Land und 900 vom Bund. Die Behandlungskosten für eine künstliche Befruchtung belaufen sich durchschnittlich auf 3200 Euro pro Behandlungszyklus. Zur Zeit liegt der Eigenanteil der Paare durchschnittlich bei 1600 Euro pro Behandlung. Bei vier Behandlungen kommen die Paare so im Durchschnitt auf einen Eigenanteil von 8000 Euro, da sie den vierten Versuch komplett selbst zahlen müssen. Durch das Sächsische Modell reduziert sich der Eigenanteil auf durchschnittlich 4800 Euro.

Zum Hintergrund: Die rot-grüne Bundesregierung hatte 2004 den Zuschuss der Krankenkassen zu künstlichen Befruchtungen drastisch gekürzt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden vier Behandlungen voll bezahlt. Seit der Reform bezahlen die Kassen nur noch einen Zuschuss von 50 Prozent und diesen auch nur für drei Behandlungen. Rund 100 Millionen Euro sollten so im Gesundheitswesen eingespart werden. In der Folge ist die Anzahl der Kinder, die aufgrund einer künstlichen Befruchtung geboren wurden, um rund 50 Prozent zurück gegangen. Im Jahr 2003 waren es laut IVF-Register rund 19 000 ab dem Jahr 2004 liegt die Zahl  bei rund 10 000 pro Jahr. Viele Paare können sich den hohen Eigenanteil nicht leisten und müssen deshalb auf den Kinderwunsch verzichten.

Experten erklären gegenüber "Report Mainz", die Einsparung bei der Finanzierung von künstlichen Befruchtungen sei verfassungsrechtlich bedenklich und volkswirtschaftlich unsinnig. Prof. Helge Sodan, Verfassungsrechtler und Direktor des Deutschen Instituts für Gesundheitsrecht in Berlin: "Nach meiner Auffassung greifen diese sozialgesetzlichen Regelungen in das Grundrecht auf Familiengründung und Fortpflanzung ein, das sich aus der Verfassung herleiten lässt, und dieser massive Eingriff erweist sich als unverhältnismäßig, denn letztlich geht es dem Staat nur darum, Geld zu sparen." Prof. Martin Werding, Ruhr-Universität Bochum: "Wir haben in einer Studie mit dem Ifo-Institut berechnet, dass jedes Kind, das heute geboren wird, den Staat letzten Endes viel weniger kostet, als es ihm an Steuern und Sozialabgaben bringt. Der Überschuss sind 75 000 Euro pro Kind. Wenn Sie das dann multiplizieren mit 10 000 Kindern, dann kommen Sie auf einen riesigen Betrag und da sind 100 Millionen, die man heute spart, eine Fehlentscheidung."

Quelle: "Report Mainz", heute, 16.3.2009, 21.45 Uhr im Ersten

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