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"Focus": Drogenkrimineller führte NSU-Ermittler in die Irre

Archivmeldung vom 25.06.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.06.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Beispiel der Tatwaffe, einer CZ 83 im Kaliber 7,65 mm, hier jedoch ohne Laufgewinde für einen Schalldämpfer. Bild: Jan Hrdonka / wikipedia.org
Beispiel der Tatwaffe, einer CZ 83 im Kaliber 7,65 mm, hier jedoch ohne Laufgewinde für einen Schalldämpfer. Bild: Jan Hrdonka / wikipedia.org

Bei den Ermittlungen zur bundesweiten Mordserie an Einwanderern soll sich die Polizei maßgeblich auf die Falschaussage eines inhaftierten Drogenkriminellen aus der Türkei gestützt haben. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Focus" unter Berufung auf Ermittlungsakten zur Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU).

Demnach meldete sich im Oktober 2005 der in einem bayerischen Gefängnis einsitzende Mahir E. bei der Polizei. Der wegen Rauschgiftdelikten zu neun Jahren Haft verurteilte Mann behauptete, Täter und Auftraggeber für die Morde an Enver S. 2000 in Nürnberg und Süleyman T. 2001 in Hamburg zu kennen. Die Fahnder der Besonderen Aufbauorganisation (BAO) "Bosporus" hielten den Mann laut "Focus" für glaubwürdig und nahmen ihn sogar in ein Zeugenschutzprogramm auf. "Er zeigte sich überzeugt davon, den Mordfall S. zu 100 Prozent und den Mord in Hamburg zu 50 Prozent aufklären zu können", zitiert "Focus" aus einem internen Polizeivermerk. Als Gegenleistung forderte der Mann die ausgesetzte Belohnung. Zudem verlangte der Türke, dass er nicht in seine Heimat abgeschoben wird. Der Zeuge stellte "Focus" zufolge eine Verbindung zwischen den Mordanschlägen und der Organisierten Kriminalität her. So behauptete er, der getötete Blumenhändler Enver S. sei "groß im Drogenhandel" tätig gewesen und habe "durch Glücksspiel viel Geld verloren." Letzten Endes sei er Opfer eines "Ehrenmordes" geworden. Ein in den Niederlanden lebender Türke habe S. mit einer Frau verkuppeln wollen, was dieser jedoch nicht wollte. Der Initiator der Hochzeit habe das Verhalten als "ehrverletzend" empfunden und ein türkisches Brüderpaar aus Holland als Killer angeheuert, erklärte der Zeuge laut "Focus". Später hätten die Brüder auch den Hamburger Gemüsehändler Süleyman T. getötet, angeblich "wegen eines Rauschgiftgeschäftes". Aufgrund der Aussagen des inhaftierten Mahir E. bat die deutsche Polizei die niederländische Justiz um Rechtshilfe und begann intensive Ermittlungen. Laut "Focus" wurden monatelang Telefongespräche überwacht, Wohnungen durchsucht und Verdächtige observiert. Der eigens eingerichtete Ermittlungskomplex "Spur 192/Hollandspur" umfasst 14 Aktenordner. Am Schluss mussten die Kriminalbeamten einsehen, dass sie einem Lügner aufgesessen waren. In den Protokollen heißt es mehrfach, die Angaben von Mahir E. "konnten nicht verifiziert werden". So habe sich "kein Hinweis" darauf gefunden, dass die "Killerbrüder aus Holland" tatsächlich existierten. Auch für die anderen Behauptungen des Zeugen, etwa die "Ehrenmord"-Theorie oder angebliche Drogengeschäfte der Opfer, gab es keinerlei Belege, meldet "Focus".

Neonazi-Terror: Kontrollkommission wirf Verfassungsschutz Versagen vor

Die Parlamentarische Kontrollkommission des Sächsischen Landtages hat dem Verfassungsschutz Versagen und Untätigkeit vorgeworfen. Das geht aus dem Abschlussbericht der Kommission hervor, den der Vorsitzende Günther Schneider (CDU) am Samstag in Dresden vorgestellt hat. Demnach seien im Rahmen der Untersuchung "gravierende Mängel" zutage getreten. Vor allem habe die Behörde unkoordiniert gearbeitet. So hätten sich beide beteiligten Behörden, der sächsische und der Thüringer Verfassungsschutz, nicht über ihre Untersuchungsergebnisse ausgetauscht. Damit seien Informationen nicht zusammengetragen und ausgewertet worden. Zudem habe es keine zentrale Steuerung der Aktivitäten der Behörden gegeben. Schneider sprach in diesem Zusammenhang von "Unzulänglichkeiten", "schweren Fehlern" und schließlich einem "Systemversagen".

Zwischen 1997 und 2003 waren insgesamt zwölf V-Leute in der Neonazi-Vereinigung "Thüringer Heimatschutz" eingesetzt. In dieser Vereinigung waren auch die Mitglieder der Neonazi-Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) aktiv. Das Trio hätte bereits damals gestoppt werden können, wenn die Überwachung der Vereinigung intensiviert worden wäre, urteilte Schneider. Die Terrorgruppe NSU hatte seit ihrer Gründung in den 1990er Jahren insgesamt neun Migranten und eine Polizistin ermordet, bis sie Anfang November 2011 aufflog. Zwei der Mitglieder, Uwe B. und Uwe M., nahmen sich im Laufe des Polizeieinsatzes gegen sie das Leben. Das dritte Mitglied Beate Z. wurde festgenommen, sie befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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